Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur Montagsdemonstration vom 31.03.2008 in Zeitz


Zur heutigen 173. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 40 Personen auf dem Schützenplatz, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und weiteren Sozialkahlschlag zu protestieren. Als Gast war heute Oberbürgermeister Dieter Kmietzcyk anwesend.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:

Steffen Hemberger begrüßte zunächst Dieter Kmietzcyk und gratulierte ihm nachträglich zum Geburtstag. Ingrid Weise überreichte ihm einen Blumenstrauß mit Frühlingsblumen. Anschließend sprach Steffen über den Ostermarsch im Zeitzer Forst. Dieter Kmietczyks Worte auf dem jüngsten Ostermarsch, die Ostermärsche im Zeitzer Forst solange fortzuführen, bis dieses Gebiet wieder vollständig zivil genutzt wird, können wir auch auf unsere Montagsdemo übertragen. Auch wir wollen solange weitermachen, bis die menschenunwürdige Hartz-IV-Gesetzgebung und das SGB II vom Tisch sind.

Warum, das machen einige Beiträge des Erwerbslosenforums deutlich.

Dort werden schwere Vorwürfe gegen die ARGE Mönchengladbach erhoben, denn sie verweigert einem 27-jährigen die Leistung, weil er auf seinem informellen Selbstbestimmungsrecht besteht und keinen Einblick in Daten gewähren will, deren Offenlegung die Behörde rechtswidrig fordert. Der Eilantrag seines Rechtsanwaltes wird seit drei Monaten verschleppt. Seine Wohnung muss er aufgeben und wird dann obdachlos. Vorwand für die Maßnahmen der ARGE ist die Unkenntlichmachung seiner Ausgaben auf den der ARGE zur Bedürftigkeitsprüfung vorgelegten Kontoauszügen. Diese Bedürftigkeitsprüfung erfolgt wegen der Vermögensfeststellung. Jedoch hat die ARGE kein Recht auf Einsicht in das Ausgaben- und Kaufverhalten der Leistungsempfänger. Es ist ausschließlich Privatsache, wofür Ausgaben getätigt wurden; sei es nun der Einkauf im Supermarkt oder der Kauf von Druckerpatronen. Deshalb hat dieser Bürger auch einen Anspruch, jede Einsicht in diese Daten zu verweigern.

In einem zweiten Fall werden Osterfeiertage eines Betroffenen beschrieben. Er hat seit Oktober 2007 bis auf einen einzigen Abschlag von 200 Euro keine Leistung von der dortigen Behörde - "Vestische Arbeit" [Info]genannt - erhalten, obwohl er darauf einen Rechtsanspruch hat. Ein Vergleich führte dazu, dass die Behörde die Zahlung wieder aufnehmen sowie die ausstehenden Leistungen nachzahlen muss. Dennoch wird nicht gezahlt, der Leistungsempfänger kann seine Kosten nicht mehr begleichen und beginnt nun das Inventar seiner Wohnung zu verkaufen.

Man mag nun meinen, es handele sich dabei um Einzelfälle. Es sind aber keine Einzelfälle! Fast jeder hatte schon ähnliche - wenn auch möglicherweise nicht so dramatische - Erlebnisse. Da ist auch die ARGE Zeitz keine Ausnahme. Solche Vorfälle sind weder zu ertragen noch zu tolerieren. Es gibt sehr viele Vorgänge, in denen sich Bedienstete über geltendes Recht hinwegsetzten. Allein in fünf Fällen stand S. H. den Betroffenen helfend zur Seite. Deren berechtigten Anliegen wurden von der ARGE nicht nachgekommen, sie landeten schließlich vor dem Sozialgericht und endeten mit einer Niederlage für die ARGE.

Man sollte einen Leistungslohn für Bedienstete der ARGE einführen und für jeden vor dem Sozialgericht verhandelten und von der ARGE verlorenen Fall 100 Euro vom Gehalt der verantwortlichen Sachbearbeiter abziehen, damit sie das Recht endlich ordnungsgemäß anwenden.



Dieter Kmietzcyk bedankte sich für die Blumen zu seinem 59jährigen Geburtstag, sowie für die rege Beteiligung am Ostermarsch im Zeitzer Forst und sprach zu den Demonstranten.

Überall, wo man der Überzeugung ist, es geschieht Unrecht, muss man sich für dessen Beseitigung einsetzen. Das ist etwas ganz Grundsätzliches. Das gilt auch für das Unrecht, wogegen die Montagsdemonstrationen stattfinden. Wir sollten dagegen demonstrieren, solange es dieses Unrecht gibt. Dabei spielt die Anzahl der Demonstranten nicht die entscheidende Rolle. Denn entscheidend ist, dass Unrecht geschieht. Oft wurde gefragt, wie zufrieden man mit der Beteiligung der Menschen am Ostermarsch im Zeitzer Forst sein kann. Es ist egal, ob es 50, 100, 20 oder nur 5 sind. Wichtig ist, dass dieses Anliegen immer wach gehalten wird; auch um allen anderen Mut zu machen. Hartz-IV ist ein Versuch der SPD gewesen, sich politisch zu profilieren und ein Druckmittel zu schaffen, sich zu verdingen unter Rahmenbedingungen, die für ein vernünftiges Einkommen nicht mehr ausreichen. Wer auf Hilfe angewiesen ist, dem muss dennoch ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden, damit sie sich nicht als Menschen zweiter oder dritter Klasse fühlen müssen. Mehr soll natürlich bekommen, wer arbeitet. Sonst kann das System Bundesrepublik immer mehr in eine Schieflage geraten. Denn selbst heute nicht davon betroffene Menschen können bereits ein Jahr nach Verlust des Arbeitsplatzes bei Hartz-IV stehen. Für eine Gesellschaft gibt es nichts Schlimmeres, als wenn soziale Angst um sich greift. Deswegen sollten wir jeden Montag hier das Signal geben: wir sind da, komm zu uns, denn zusammen sind wir stärker.
Den Demonstranten ist ein langer Atem zu wünschen, länger als mancher denken kann. Sowohl hier als auch im Zeitzer Forst.



Wolfgang Vogl ebenfalls über Hartz-IV und den Ostermarsch im Zeitzer Forst.

Die vielen Fehler im Zusammenhang mit Hartz-IV sind keine Pannen und Einzelfälle. Dahinter steckt System. Erinnern wir uns: Bereits vor zwei Jahren wurden Mitarbeiter des Arbeitsamtes durch Vorgesetzte angewiesen, mittels Sperrzeiten Geld einzusparen, ob gerechtfertigt oder nicht. Auf Bescheiden der ARGE sind heute oft widersprüchliche Angaben und Argumente zu finden, die zu Nachteilen bei den Leistungsbeziehern führen.

Ein Zeitungsartikel verdeutlicht, wie wichtig Demonstrationen gegen die Militarisierung sind. Darin wird von einem kritischen Offizier berichtet, der von einem Vorgesetzten als "Feind im Inneren" bezeichnet wurde, der "im Schwerpunkt zerschlagen werden muss". Diese Wortwahl gleicht der von deutschnationalen und militaristischen Geheimbünden der 20er Jahre, als sich die Reaktion gegen den "Feind im Innern" zu formieren begann. Weiterhin kann man hieran aber auch erkennen, dass Sozialabbau, Demokratieabbau, Aufrüstung und Schaffung einer Angriffsarmee Hand in Hand gehen. Und: Das Grundgesetz erlaubt uns, derartige Entwicklungen zu korrigieren.



Dieter Rolle sprach über Kräfte im Hintergrund der uns auferlegten nachteiligen Entwicklung.

Das ist die menschenfeindliche - ja man möchte fast sagen: verbrecherische - Politik der Koalition. Dazu tragen auch Leute wie der Herr Ackermann bei, der im vergangenen Jahr allein 14 Millionen Euro erhalten hat. Die Gehälter dieser Manager steigen ständig, während die Arbeitnehmer weitgehend leer ausgehen.

Das gleiche gilt für die Renten. So steigen die Renten laut Arbeitsminister Scholz "stärker als erwartet" - dabei steigen die Renten nur um 1,1 %. Aber es wird behauptet: damit haben auch die Rentner am wirtschaftlichen Aufschwung teil. Herr Kauder redete sogar davon, die Rentner sollen dadurch spüren, dass man sich um sie kümmert. Das kann man nur als menschenverachtend bezeichnen.

Und Wirtschaftsvertreter behaupten, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, dass in wenigen Jahren in Deutschland Vollbeschäftigung möglich sei. Wahrscheinlich ein verfrühter Aprilscherz.



Peter Moser stimmte seinem Vorrednern in der Sache zu.

All' das, was geschieht - Sozialabbau, Verschärfung der Gesetzeslage usw. - ist die Folge, wenn man den ganzen Staat dem Markt zum Fraße vorwirft. Und die Verantwortlichen wissen ganz genau, was sie tun. Denn es wird ja trefflich gelogen! Die Geschichte hat aber bewiesen, dass ein Leben ohne Zukunftsängste möglich ist, auch wenn dabei Fehler gemacht wurden. Aber was Fehler und gesellschaftliche Zustände angeht, sollen die heutigen Herren 'mal ganz still sein. Sie haben genügend Änderungsbedarf!

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Termine:

  • 07.04.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    174. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.

  • 14.04.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    175. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.
    Anschließend: Offener Runder Tisch.

Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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