Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur Montagsdemonstration vom 28.04.2008 in Zeitz


Zur heutigen 177. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 44 Personen auf dem Schützenplatz, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und weiteren Sozialkahlschlag zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Wolfgang Vogl sprach über den EU-Reformvertrag.

Man kann nur als antidemokratisch bezeichnen, was vom Bundestag nun dazu verabschiedet wurde.

Das Gesamtdokument umfasst mindestens 457 Seiten und wurde erst am 15. April 2008 als zusammenhängender Text veröffentlicht. So hatten die Abgeordneten gerade mal 9 Tage vor der Abstimmung die Gelegenheit, das Vertragsdokument als Ganzes zu lesen. Um das Werk in seiner Gesamtheit zu beurteilen, müssten die Abgeordneten erstens hierfür genügend Zeit haben und zweitens allesamt mehr als spitzfindige Juristen sein. Dem Inhalt kann man aber sehr deutlich entnehmen, dass sich die neoliberale und militaristische Ausrichtung der EU nicht gebessert, sondern sogar noch verschärft hat.

Einige Artikel beschreiben das ganz augenscheinlich. In einem dieser Artikel wird ein vereinfachtes Änderungsverfahren festgelegt. Danach kann der EU-Rat künftig eigenmächtig die Änderung aller oder einzelner Teile der Bestimmungen des Vertrages über die Arbeitsweise der EU beschließen. Das bedeutet nichts anderes als die Entmachtung aller Parlamente. Wo ist hier die Grenze zur Errichtung einer Diktatur? Artikel 33.6 wird wird vom Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider als Ermächtigungsgesetz bezeichnet. Diese Strukturen weisen Parallelen zur Abschaffung jedes Parlamentarismus auf, wie sie Hitler einst zur Verfügung stand. Denn auch hier werden die nationalen Parlamente ausgeschaltet und zur Staffage gemacht.

In unserem Grundgesetz steht, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Das wird ausgehebelt, denn dann geht diese Gewalt alleine vom EU-Rat aus. Denn das EU-Recht würde dann über dem Recht der einzelnen EU-Staaten stehen und könnte nationale Regelungen, z. B. zum Mindestlohn, jederzeit außer Kraft setzen.

Auch bei Sicherheit und Verteidigung würde die Zuständigkeit allein bei diesem EU-Rat liegen. Brüssel könnte dann jederzeit über den Einsatz deutscher Soldaten bestimmen.

Dies alles betrifft sämtliche nationale Parlamente in der EU.

Frau Merkel meinte, die Mitgliedstaaten seien die Herren der Verträge Das ist die pure Lüge. Denn 80 % der von den Parlamenten der EU-Staaten zu beschließenden Gesetze werden heute schon von Brüssel bestimmt. Diese Leute wollen Demokraten sein?

Auch Herr Beck von der SPD lobte Brüssel über den grünen Klee. Er meinte, Frieden und Freiheit seien das Markenzeichen dieser Gemeinschaft. Er "vergaß" aber zu erwähnen, wessen Freiheit gemeint sein soll. Und der Frieden? Im Irak, in Afghanistan, im Kosovo oder anderswo in der Welt? Beck räumte dann allerdings ein, "das Soziale" sei im Lissaboner Vertrag vergessen worden. Trotzdem hat dieser Sozialdemokrat die Hand gehoben und für diesen Reformvertrag gestimmt. Charakterfest? Redlich?

Weitere Themen waren Äußerungen des Bundespräsidenten, Hartz-IV habe Arbeitsplätze geschaffen. Möchte Köhler denn etwa 1-€-Jobs Arbeitsplätze nennen? Das ist doch eher Bundesarbeitsdienst und Zwangsarbeit.



Steffen Hemberger stellte das neue Infoblatt vor.

Darin geht es um ALG-II und Krankheit, besser: was im Krankheitsfall zu beachten ist. Insbesondere die Zuzahlungsregelungen u. a. für Brille und Zahnersatz sowie die gültige Belastungsgrenze. Vor allem aber die Neuregelung zur Kürzung der Regelsätze bei stationärem Aufenthalt. Mit ihr soll eine von Gerichten als rechtswidrig eingestufte Praxis per Gesetz legalisiert werden. Das Infoblatt steht auch wieder auf unserer Homepage zumDownloadbereit.



Peter Moser äußerte sich über Wolfgangs Kommentar zum EU-Vertrag.

Diese Informationen sind nicht verwunderlich, denn es steht auch im Grundgesetz, internationales Recht bricht Bundesrecht. Das ist so auch in Ordnung. Bei der Verabschiedung des EU-Vertrages geht es weniger um die Entmachtung der nationalen Parlamente, als vielmehr um die Entmachtung der einfachen Menschen und das ist supranational. Deutschland ist federführend bei der Schaffung dieses EU-Vertrages tätig gewesen. Damit werden Interessen bedient, denn Deutschland ist eine wirtschaftliche Macht. Und wenn dieses Vertragswerk nicht im Interesse des Volkes ist, so kann es nur im Interesse der Konzernherren liegen. So hat es Karl Marx vor 150 Jahren vorhergesagt. Auch wenn diese Vorhersage heute erst eintritt: Wir müssen dem widerstehen und es nicht einfach hinnehmen.

Sozialabbau ist eine einfache Methode, den Profit zu erhöhen, denn Löhne sind eigentlich Voraussetzung, die Arbeitskraft zu regenerieren. Jedoch ist Regeneration nicht notwendig, wenn es genügend andere Arbeitskräfte gibt. Es findet sich eben genug Ersatz. Es wird betriebswirtschaftlich gerechnet, nicht volkswirtschaftlich. Moral und Ethik spielen keine Rolle im Kapitalismus, es ist eine reine Ausbeuterordnung. Und mit dem EU-Recht sind dann auch soziale Vorstöße einzelner Nationen kein Hindernis mehr. Das Wort "sozial" ist heute bereits aus dem Wortschatz der Kapitalisten weitgehend verschwunden. Der Umgangston in den Firmen und der Gesellschaft hat sich stark verändert. Wurden Arbeiter früher noch mit "Liebe Mitarbeiter" angeredet, sagt man ihnen heute lediglich, was sie zu tun haben und dass sie andernfalls gleich gehen können. Unter solchen Bedingungen muss und will niemand Arbeitsplätze schaffen, denn sie sichern hohe Profite. Die aber eben nur mit erhöhter Ausbeutung möglich sind. Es gibt seriöse Modellrechnungen, nach denen man die Menschen bei vollem Lohnausgleich in 30-Stunden-Wochen beschäftigen könnte. Dann ist es aber nicht möglich, dass einer zwei Schlösser und Yacht besitzt. Doch genau das ist der Grund, die Profite maßlos wachsen zu lassen.

Heute redete der Bundestag oder die SPD über eine etwaige Beschränkung der Managergehälter. Dabei stehen die Manager nicht an der Einkommensspitze, denn sie sind in dem Unternehmen genauso angestellt wie die Arbeiter, allerdings mit einem gravierenden Einkommensunterschied.

Bisher werden Managergehälter als Betriebsausgaben für die Unternehmen steuerfrei gestellt. Es wird in Erwägung gezogen, sie steuerlich absetzbar nur bis zu 1 Million Euro zu erlauben. Den überschießenden Betrag möchte man dann eventuell mit 50 % besteuern. Da wären auch z. B. für Herrn Ackermann "bloß" 1 Million Euro unternehmenssteuerfrei und die restlichen 13,5 Millionen Euro müsste das Unternehmen dann zur Hälfte als Unternehmensgewinn versteuern. Aber man sollte davon ausgehen, dass es sich dabei nur um Wahlkampfgetöse handelt.



Wolfgang Vogl berichtete zum Schluss noch vom Bundesschatzmeister der CDU, der jetzt Spendenaufrufe verschickt hat, um mit den daraus erzielten Geldern vor "der drohenden linken Gefahr" warnen und aufklären zu können. Hier ist ganz deutlich die Angst vor einem kritischen Bürger zu erkennen. Deswegen werden auch demokratische Instrumente wie Volksentscheide immer mehr zurückgefahren. Und genau deswegen müssen auch wir immer weiter machen. Sollen sie ruhig Angst vor kritischen Bürgern haben.

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Termine:

  • 05.05.2008, Dienstag, 07:30 bis 12:00 Uhr:
    Aktion vor dem Arbeitsamt Zeitz (AvA).
    Es werden Unterschriften gegen Hartz-IV und Sozialabbau, sowie für die Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie im gesamten Burgenlandkreis gesammelt.
    Außerdem wird über die Änderungen für ALG-II-Bezieher ab dem 01.01.2008, sowie über die aktuelle Verwaltungsrichtlinie des Burgenlandkreises informiert.

  • 05.05.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    178. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.

Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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