Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur Montagsdemonstration vom 19.05.2008 in Zeitz


Zur heutigen 179. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 40 Personen auf dem Schützenplatz, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und weiteren Sozialkahlschlag zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Steffen Hemberger äußerte sich über den Unmut in Weißenfels und Hohenmölsen wegen der Verwaltungsrichtlinie des Burgenlandkreises.

Wie in der allgemeinen Preisentwicklung steigen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ständig. Dessen ungeachtet wurden in Weißenfels und Hohenmölsen die erstattungsfähigen Höchstgrenzen der KdU von 1,20 auf 1,10 €/m² abgesenkt. Der ORTZ hatte vor einiger Zeit entschieden, sich der Forderung nach für den gesamten Burgenlandkreis einheitlich festzulegenden 1,20 €/m² anzuschließen.

In der vorigen Woche war dazu ein empörender Bericht in der Mitteldeutschen Zeitung zu finden. Das Landratsamt des Burgenlandkreises und die ARGE streiten sich über die Anwendung der Verwaltungsrichtlinie. Dazu zitiere ist aus diesem Artikel Ralf Michel, Dezernent des Burgenlandkreises:
"Die Richtlinie vereinheitlicht nicht die Zahlen für den gesamten Burgenlandkreis, sondern sie passt sie den tatsächlich entstandenen regional unterschiedlichen Verhältnissen an."
Allerdings, das betont er, seien die Vorgaben nicht als Höchstgrenzen anzusehen, sondern als Orientierungswerte. Was an Kosten erstattet werde, hänge von den konkreten Bedingungen ab. So die Aussage des Landratsamtes. Dem entgegen meint allerdings der Geschäftsführer der ARGE, Herr Bernd Lampe:
"Wir können nicht jedem Bescheid von vornherein eine Einzelfallprüfung zugrunde legen, für uns ist die Richtlinie Maßstab"
Die vorgegebenen Zahlen seien nämlich Höchstgrenzen und nicht Orientierungswerte, so meint er. Dazu ist nur zu sagen, Herr Lampe sollte 'mal die Verwaltungsrichtlinie richtig lesen. Dort ist nämlich festgelegt:
"Die Richtwerte und Festlegungen stellen auf ein einheitliches Verwaltungsverfahren bei der Ermittlung und Entscheidung der angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung sowie bei abweichender Erbringung von Leistung ab.

Sie entbinden nicht von einer Einzelfallprüfung und ggf. dadurch notwendigen abweichenden Entscheidung.

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung richtet sich nach den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls (Lebensumstände), insbesondere nach der Zahl der Familienangehörigen, nach deren Alter, Geschlecht und dem jeweiligen Gesundheitszustand."
Das steht in deraktuellen Verwaltungsrichtliniedes Burgenlandkreises!

Und da kommt dieser Meister Lampe daher und erzählt uns, für ihn seien die Einzelfallprüfung Nonsens und die angegebenen Richtwerte Höchstgrenzen, die er auch ansetzt.

Dieser Herr begeht damit nichts anderes als eine Rechtsbeugung. Er weicht "ganz einfach" von der Vorschrift ab, obwohl in der Richtlinie eindeutig andere Regelungen getroffen wurden. Und das kann und darf einfach nicht sein. Denn jeder Mensch muss sich an Gesetze und Regelungen halten und kann z. B. nicht einfach bei Rot über die Straße gehen, nur weil er keine Lust hat zu warten oder es ihm nicht praktikabel erscheint.

Wenn dieser wörtliche Auszug so in der Richtlinie steht, ist das für die ARGE bindend!

Fehler werden auch bei der Verrechnung von Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen gemacht.

Laut einer Antwort auf eine Email an Landrat Harry Reiche sind die von den Hartz-IV-Empfängern aus den Lebenshaltungskosten zu bestreitenden Warmwasserkosten aus den Betriebskostenabrechnungen herauszurechnen. Unbekümmert wird dennoch bei vielen Betroffenen des gesamte Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung unter Einbeziehung der Warmwasserkosten eingefordert. Und das sind leider keine Einzelfälle. Hier lohnt es sich Widerspruch auf jeden Fall. Entweder sind diese Sachbearbeiter unfähig nach den Richtlinien zu arbeiten oder sie tun dies wissentlich bzw. auf Anordnung. Auf die Vielzahl der Betroffenen hochgerechnet ergeben solche Fehlentscheidungen nämlich eine beachtliche Kostenersparnis, wenn man bedenkt, dass nur wenige Leute tatsächlich Widerspruch einlegen.

Dieser Zustand muss geändert und die Regelungen müssen respektiert werden. Schließlich war es nicht irgendein Hanswurst, sondern der Landrat Reiche persönlich teilte mit, der Anteil der Warmwasserkosten an den Betriebskosten ist heraus zu rechnen.

Wir wollen die Weißenfelser und Hohenmölsener auch weiterhin im Kampf um eine Vereinheitlichung und teilweise Anhebung der Richtwerte der Kosten für Unterkunft und Heizung im gesamten Burgenlandkreis auf 1,20 €/m² unterstützen.

Die Kosten steigen unaufhörlich. Dennoch gibt es einige Hartz-IV-Empfänger, zu denen ich auch gehöre, bei denen die Kosten für Heizung gar nicht übernommen werden, da sie "zu hoch" sind. Dabei hatten wir in den letzten beiden Wintern aufgrund der milden Witterung noch Glück. Allerdings ist es fraglich, wie jene Menschen mit ihren Heizkosten auskommen werden, wenn jetzt wieder 'mal ein etwas strengerer Winter kommen sollte.



Dieter Rolle sprach über die aktuelle politische Lage, wie Armutsbericht, Aufschwung, Diätenerhöhung und zur Arbeitslosenproblematik.

Alle die gleich genannten Fakten sollten vor dem Hintergrund des angeblich greifenden Aufschwungs betrachtet werden:

Erstes Thema ist der soeben veröffentlichte Armutsbericht.

Jeder vierte Bundesbürger ist von Armut betroffen (13 %) oder wird durch staatliche Leistungen davor bewahrt (weitere 13 %). Insgesamt hat sich die soziale Kluft vertieft. Reiche werden reicher und Arme werden ärmer.

Es wird behauptet, in diesem Jahr gebe es mehr Lehrstellen als Bewerber. Verschwiegen wird allerdings, dass 300.000 junge Menschen in der Bundesrepublik überhaupt noch keine Lehrstelle haben! Aber davon sprechen diese Schwätzer natürlich nicht.

Ständig wird in den Berichten zu den Hartz-Gesetzen alles hochgejubelt. Da ist zu lesen, dass es 700.000 Hilfebedürftige weniger sind und dass Hartz-IV den Arbeitsmarkt entlaste.

An den Sozialgerichten nimmt jedoch die Klageflut dramatisch zu, so wird in der Presse geschrieben. Und das scheint wirklich nicht gut auszusehen.

Der Präsident des Landessozialgerichtes, Erhard Grell, sieht sie Ursache in fehlerhaften Gesetzen. Das bestätigt, was wir hier in den letzten drei Jahren immer wieder an Beispielen genannt haben. Selbst die Justizministerin des Landes räumt ein, dass die Hartz-IV-Gesetze handwerkliche Schwächen haben. Es würden pauschale Sätze und Regelungen vorgegeben, denen häufig die Praxisnähe fehlt. An den Sozialgerichten machen Hartz-IV-Streitigkeiten mehr als die Hälfte der eingehenden Klagen aus und die Hälfte der Klagen ist erfolgreich!

Die Zahl derer wird immer größer, die seit Einführung von Hartz-IV bei den "Tafeln" in der Schlange stehen. Größer wird auch die Hoffnungslosigkeit der betroffenen Menschen. Dazu kommen Erniedrigungen und Beleidigungen. Etwa, diese Menschen könnten nicht mit Geld umgehen. Die Zahl der prekär Beschäftigten ist bis 2005 auf 48,2 % angestiegen. Auf Menschenwürde wird keine Rücksicht mehr genommen. Wie Schachfiguren werden die Menschen hin und her geschoben. Ende 2007 gab es bereits 6,53 Millionen geringfügig entlohnte Beschäftigte, so genannte Minijobber oder Geringverdiener, deren Anteil inzwischen 22 % aller Beschäftigten ausmacht. 660.000 Minijobber sind in Privathaushalten tätig, aber der Großteil arbeitet bei Unternehmen.

Offiziell gab es im letzten Jahr 3,7 Millionen Arbeitslose, aber 6,34 Millionen Leistungsempfänger, denn fast die Hälfte der Bezieher von ALG-II taucht in der Statistik überhaupt nicht mehr auf. 2,68 Millionen Menschen.



Wolfgang Vogl sprach anschließend zu verschiedenen Themen.

Bei ALG-II-Empfängern sind die Sperrzeiten um 60 % gestiegen. Ursache sind systematische und schikanöse Auflagen, um die Menschen zu entwürdigen und gefügig zu machen.

Herr Herzog behauptete, die Rentner plünderten die jüngeren Menschen aus. Er selber freilich bezieht bis zu seinem Lebensende die in Deutschland höchstmöglich staatliche Pension von 216.000 € jährlich (591€ pro Tag), für die er "natürlich" keine Abgaben leisten muss. Und dieser geistige Brandstifter sagte solche Schweinereien? Er gehört aus dem Verkehr gezogen.

Bundestagsabgeordnete müssen ebenfalls keine Beiträge zahlen. Schon nach 8 Jahren haben sie einen monatlichen Pensionsanspruch von 2.192 € erworben.

Weitere Themen waren Täuschungen mit der Riesterrente, Bahnprivatisierung und Ex-Gewerkschafter Hansen (der nun als Personalchef das 10fache "verdient"), Horst Köhlers Vorwurf an die Banken (dabei hat er zuvor selber die Rahmenbedingungen mit geschaffen).

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Termine:

  • 26.05.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    180. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.
    Anschließend Offener Runder Tisch

Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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