Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur Montagsdemonstration vom 26.05.2008 in Zeitz


Zur heutigen 180. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 42 Personen auf dem Schützenplatz, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und weiteren Sozialkahlschlag zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Ingrid Weise berichtete von unserer jüngsten Unterschriftensammlung in Tröglitz und von unserem Besuch in Eisenberg.

In Tröglitz wurden 112 Unterschriften gehen Hartz-IV und für die Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie gesammelt. Die Beteiligung und die Zustimmung der Angesprochenen waren gut, obwohl auch wieder einige wenige "noch nie etwas von Hartz-IV gehört" haben wollten oder es ihnen recht war.

Am 13.05.2008 besuchten wir die 129. Dienstagsdemonstration in Eisenberg. Dort trat als Gastredner der Bundestagsabgeordnete Bodo Ramelow (Die Linke) auf. Es wurde die Abschaffung von Hartz-IV sowie der 1-€-Jobs gefordert. Er ermunterte, mit den Demonstrationen fortzufahren. Es könne lediglich etwas verändert werden, wenn genügend Druck von der Straße komme.



Steffen Hemberger berichtete von der am Sonntagabend gesendeten Talkshow "Anne Will".

Dort konnte man eine so genannte Wissenschaftlerin erleben. Angesichts von 8 Millionen Hartz-IV-Betroffenen wollte sie den Zuschauern vermitteln, Hartz-IVEmpfänger seien nur zu faul zum Arbeiten und sollten sich halt Arbeit suchen.

Interessant an der Statistik ist: Offiziell gibt es "nur" ca. 3 Millionen Arbeitslose, jedoch beziehen 8 Millionen Menschen Hartz-IV. Das bedeutet, 5 Millionen dieser Hartz-IV-Bezieher gehen arbeiten, als Niedriglöhner, in 1-€-Jobs oder ABMs. Also können doch schon von daher nicht 8 Millionen Hartz-IV-Empfänger zu faul zum Arbeiten sein.

Gut ins Bild passte auch jener jugendliche Hippie, welcher doppeltes Wahlrecht für Erwerbstätige und halbes Wahlrecht für Arbeitslose forderte. Es kann einem schlecht werden, wenn das die künftige deutsche Elite sein soll. Selbst der gleichfalls anwesende Herr Westerwelle - er gehört nicht zu unseren politischen Freunden – bemerkte hierzu, in solch einem Falle sei auch die Halbierung des Wahlrechts für Studenten zu verlangen. In diesem Zusammenhang fällt mir ein Puhdy-Song ein, er lautet "Denk ich an Deutschland..."

In Deutschland gilt als arm, wer weniger als 2/3 des Durchschnittseinkommens bezieht. Diese Leute bezeichnet man als Niedriglöhner. 2006 lag dieser Wert im Osten bei 6,81 € - das liegt noch unter den heute als Mindestlohn geforderten 7,50 €. Im Westen lag diese Schwelle übrigens bei 9,61 €. Im Gastgewerbe arbeiten 63 % der Beschäftigten als Niedriglöhner.

Ebenfalls in der Sendung anwesend war eine Frau mit 3 Jobs und dennoch nur um 90 € höherem Einkommen als ein Hartz-IV-Empfänger in gleicher Situation.

Damit hätte sie Anspruch, ihr Einkommen mit Hartz-IV aufzustocken, wie es viele tun müssen. Sie hat einen Erwerbsfreibetrag von etwa 240 €, wenn sie arbeitet. Das bedeutet etwa 150 € "aufstockendes" Hartz-IV. Sie möchte kein Hartz-IV beantragen, weil sie sich nicht offenlegen wolle. Das ist ihr gutes Recht. Aber dann soll sie bitteschön schweigen und sich nicht öffentlich in einer Sendung beschweren, wenn sie nur 90 € mehr als vergleichbare Hartz-IV-Empfänger bezieht.

68 % der Geringverdiener sind Frauen. Von Gleichberechtigung keine Spur. 46 % davon sind Vollbeschäftigte. 3/4 der Niedriglöhner haben eine Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss. Das sind die nackten Zahlen in Deutschland!

Der erwähnten "Wissenschaftlerin" wäre zu wünschen, persönlich in die Situation einer Hartz-IV-Bezieherin zu geraten. Sie könnte dann 'mal selbst erleben, was Hartz-IV-Betroffene alles über sich ergehen lassen müssen.

Beispielsweise die immer umfangreicher werdenden Anträge. Früher musste man beim Fortzahlungsantrag nur ein Blatt mit 5 Fragen ankreuzen. Jetzt sind es 2 Blätter mit vorn und hinten ca. 27 Fragen. Es sind auch Tücken eingebaut. So sind alle Fragen mit "Nein" anzukreuzen, eine einzige ausgenommen. Und zwar die Bestätigung, mindestens drei Stunden erwerbstätig sein zu können. Kreuzt man dort versehentlich "Nein" an, verliert man den Anspruch auf ALG-II. Das ist Deutschland!



Peter Moser fügte hinzu, natürlich kann jeder sofort Arbeit bekommen, wenn er auf Lohn und Sozialabgaben verzichtet.



Eine weitere Rednerin fand es schade, dass bei der letzten Stadtratssitzung kein Bürger eine Frage in der Bürgerfragestunde los werden wollte.

Als eine solche Frage könnte man z. B. ausarbeiten, ob es aufgrund der steigenden Preise nicht möglich ist, seitens der Stadtwerke einen Sozialtarif für Hartz-IV-Empfänger zu schaffen.



Peter Moser kündigte an, einen entsprechenden Antrag über seine Fraktion in den Stadtrat einzubringen und namentlich darüber abstimmen zu lassen.



Steffen Hemberger berichtete daraufhin, dass schon jemand einen solche Anfrage an die Stadtwerke gestellt habe, und hatte ein entsprechendes Antwortschreiben erhalten, was ihm als Kopie vorliegt.

In diesem Antwortschreiben kommt das Wort Sozialtarif allerdings nicht vor. Es wird lediglich ein Sondertarif für die Erdgasversorgung angeboten.

Eine fast an Erpressung grenzende Frechheit ist folgender Satz:
"Weiterhin bitten wir Sie, alle bestehenden Widersprüche in schriftlicher Form zurück zu nehmen und offene Forderungen gegenüber unserem Haus auszugleichen, da dies die Voraussetzung für die Umstellung auf Sonderkonditionen ist."
Hier wäre ein derartiger Antrag im Stadtrat wirklich sehr angebracht. Schon deshalb, weil sich dann auch jene dazu positionieren müssen, die sonst nur schöne Reden schwingen.

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Termine:

  • 02.06.2008, Dienstag, 07:30 bis 12:00 Uhr:
    Aktion vor dem Arbeitsamt Zeitz (AvA).
    Es werden Unterschriften gegen Hartz-IV und Sozialabbau, sowie für die Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie im gesamten Burgenlandkreis gesammelt.
    Außerdem wird über die Änderungen für ALG-II-Bezieher ab dem 01.01.2008, sowie über die aktuelle Verwaltungsrichtlinie des Burgenlandkreises informiert.

  • 02.06.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    181. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.

Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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