Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur Montagsdemonstration vom 02.06.2008 in Zeitz


Zur heutigen 181. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 37 Personen auf dem Schützenplatz, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und weiteren Sozialkahlschlag zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Ingrid Weise berichtete von der heute Morgen durchgeführten Aktion vor dem Arbeitsamt Zeitz (AvA)

Dabei wurden 301 Unterschriften gegen Hartz-IV und Demokratieabbau sowie zur Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie für die Kosten der Unterkunft (KdU) des Burgenlandkreises gesammelt. Dieses Mal haben auch sehr viel Leute aus den Umlandgemeinden unterschrieben.

Der Zuspruch war allgemein sehr positiv, so dass diese hohe Anzahl Unterschriften innerhalb weniger Stunden gesammelt werden konnte. Lediglich ein junger Mann war der Meinung, die Betroffenen seien mit Hartz-IV gut versorgt.



Steffen Hemberger stellte anschließend unser neues Infoblatt vor.

In der Ausgabe 04/2008 geht es nochmals um das Thema "Zwangsverrentung". Erst ab April wurden die versprochenen Ausnahmeregelungen veröffentlicht, obwohl dieses Gesetz seit Januar in Kraft ist. Diese Ausnahmeregelungen sind Gegenstand des neuen Infoblattes, welches auf unserer Homepage für jedermann zum Downloadbereitsteht.



Peter Moser kommentierte diese Vielzahl von Ausnahmen und Unterschieden.

Man baut in solche standardmindernden Regelwerke immer Ausnahme- und Sonderregelungen ein, damit keine Einigkeit zustande kommt. Dadurch gelangen nicht unmittelbar oder nicht sofort Betroffene zu der irrigen Meinung, doch irgendwie nicht betroffen zu sein oder immer noch und irgendwie zurecht kommen zu können. Sie erkennen dadurch nicht, dass es am Ende alle gleichermaßen treffen wird. Durch diese allerfeinsten Unterschiede und die Schaffung von Nebenschauplätzen wird Vereinzelung der vielen Betroffenen hergestellt. Viele von diesen meinen dann völlig wirklichkeitsfern: "Mich betrifft das ja nicht." Eine jahrtausendealte Regel der Ausbeuter kommt hier immer wieder zur praktischen Anwendung: "divide et impera" - "teile und herrsche". Das erkennen viele leider immer noch nicht. Deswegen müssen wir auch unbedingt weiter machen.

Ein weiteres Thema war die Privatisierung lebenswichtiger Bereiche.

Dieser Prozess ist schon sehr weit fortgeschritten, obwohl es viele noch immer nicht merken.

Da gibt es z. B. Aktiengesellschaften, welche 150 – mittlerweile privatisierte - Krankenhäuser und sogar Großkliniken betreiben. Daran kann man schon erkennen, wohin die Reise gehen soll. Dabei ist nichts z. B. gegen die Einführung einer Gesundheitskarte oder andere technische oder verwaltungsseitige Neuerungen einzuwenden, um das Gesundheitswesen effektiver zu gestalten oder um überhaupt unser aller Leben zu verbessern. Es ist aber sehr viel dagegen einzuwenden, wenn alle Veränderungen letztlich vom Moloch Profitmaximierung definiert werden.

Aktiengesellschaften wollen Umsätze machen und Gewinn ausweisen. Nebenrangig ist, ob Leute krank oder gesund sind; nur Gewinn muss mit ihnen erwirtschaftet werden können. Deswegen reden solche Unternehmen auch vom "Gesundheitsmarkt". Alles soll verwurstet und vermarktet werden. Sie machen Umsätze und Gewinn auch mit kranken Menschen!

Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn teure medizinische Geräte effektiv und intensiv genutzt werden. Es kann schon passieren, dass Menschen in sehr kurzen Zeitabständen an diesen Geräten untersucht oder behandelt werden müssen. Es ist sinnvoll und richtig, wenn medizinische Erwägungen dies gebieten. Das alles sieht aber ganz anders aus, wenn Menschen in ebenfalls kurzen Zeitabständen durchgeschleust werden, um Gewinne zu maximieren. Das ist nicht im Interesse der Gesamtgesellschaft und erst recht nicht im Interesse der Patienten.



Steffen Hemberger bestätigte, dass hinter diesen verwirrenden Regeln und verschiedenen Bestimmungen ein System steckt.

Die betroffenen Leute sollen den Durchblick verlieren bei den vielen Ausnahmen und Unterschieden. Und selbst die Leute im Amt verstehen dieses oft nicht. Solche Regeln treten im ALG-II-Recht zunehmend auf und streben direkt nach Unüberschaubarkeit. Es soll keiner mehr verstehen.



Wolfgang Vogl äußerte sich ebenfalls zu den Themen seiner Vorredner.

Inzwischen werden sogar schon Kinder zu Ausbeutungsobjekten. Das neue Kinderfördergesetz lässt erstmals private Kindertagesstätten zu, die unter Profitzwängen arbeiten.

Zu den Renten ist anzumerken, dass die Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt nicht etwa nur bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters gelten. Nein, sie gelten bis zum Lebensende. Ein Irrtum, dem viele unterliegen.

Ein weiteres Thema war das Interesse von Geschichtslehrern an der Literatur aus der DDR. Es ist den interessierten Lehrern nicht verwehrt, über die DDR zu unterrichten, nur leider werden sie bei der Beschaffung entsprechender Literatur allein gelassen und sind oft auf Leihgaben angewiesen.

Ebenfalls in den Schlagzeilen war die erneute Anschuldigung gegen Gregor Gysi, für die Stasi gearbeitet zu haben.

Bei der großen Debatte im Bundestag stellte sich ein Herr Hilsberg hin – so genannter Bürgerrechtler, in Wirklichkeit ein Hinterbänkler in der SPD-Fraktion - und fuhr Angriffe weit unter der Gürtellinie.

Ein wirklicher Bürgerrechtler hätte doch eigentlich gar keine Zeit, im Bundestag zu sitzen. Dann müsste Herr Hilsberg doch endlich mal mit seiner Arbeit anfangen. In diesem Staat passiert so viel Mist und Ungerechtigkeit, da kann er mal Bürgerrechtler sein! Oder gehört er etwa zu dieser Sorte "Bürgerrechtler" die sich seinerzeit vom Herrn Kohl haben kaufen lassen? Aus Gründen der politischen Hygiene sowie der Funktionalität und Bedeutung der Bürgerrechte in den Augen der hierzulande Herrschenden ist er wohl zu Recht Hinterbänkler. Das kann er auch bleiben.

Ein weiteres Thema war die Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) [Info] Für die zivile Luftfahrt gibt es zwei Verkaufsschauen, eine in Frankreich und eine in England. Dort wird auch vorwiegend ziviles Gerät ausgestellt. Es ist jedoch Aufrüstung in höchster Potenz, was hier auf der ILA passiert. Hier sollen doch wohl Leute begeistert und zu willfährigen Werkzeugen gemacht werden, jene Tötungsgeräte bewundern, damit sie wieder mit "Hurra" in den Krieg ziehen. Nicht grundlos war die Bundeswehr der größte Aussteller. Mittlerweile wird diese Ausstellung einzig von der Bundeswehr und dem "Kriegsministerium" gesponsert.

Vor einigen Tagen wurde im Wahlkreis des Herrn Böhmer mit dem Leiter eines Altersheimes ein Interview zum Thema Bürgerarbeit gemacht. Er wurde gefragt, ob er denn nicht auch wieder Leute fest einstellen würde und Handwerkern Aufträge geben würde. Er antwortete: "Warum soll ich das tun, wenn ich Arbeitskräfte umsonst bekomme?" Dieses sagte er in aller Öffentlichkeit, so weit sind wir bereits. Deswegen ist es unverständlich, dass die Leute immer noch ruhig bleiben und hier nur 40 Personen stehen.

Weiteres Thema war, dass ungeachtet der in vielen Städten stattfindenden Proteste gegen eine Bürgerüberwachung an weiteren Verschärfungen gebastelt wird. Herr Schäuble möchte diese Gesetze noch erweitern. Dabei werden z. B. Arbeitslose ja schon wie Verbrecher behandelt. Sie müssen sich ähnlich wie ein Verbrecher in regelmäßigen Abständen auf dem Amt melden.

Da liest man, die SPD wolle diesen Bestrebungen erbitterten Widerstand entgegensetzen. Vielleicht den gleichen „Widerstand“, wie sie ihn gegen Hartz-IV geleistet hat??? Die SPD war schon immer Mantelhänger, ist Mantelhänger und wird auch in Zukunft immer Mantelhänger sein. Das ist keine Partei, das ist ...



Steffen Hemberger stellte klar, dass es bei der Debatte gegen Gysi nicht gegen seine Person an sich, sondern in erster Linie gegen Die Linke geht.

Und die größten Spitzel sitzen nicht bei der Linken, sondern bei der Telekom, wie wir letzte Woche erfahren mussten. Deswegen ist die ganze Aufregung um Gysi bloß eine durchsichtige Zweckaktion. Man bemerkt inzwischen ein höchst unerwünschtes und lästiges Erstarken dieser Partei und manche müssen nun um ihre Pfründe bangen und bleiben möglicherweise auch nicht mehr alleinige Herren der Lage. Nach der Wende hat man geweissagt, dass "die" nie wieder einen Fuß auf die Erde bekommen würden. Doch inzwischen erreicht Die Linke in einigen Gegenden 30 % Wählerstimmen. Selbst in den alten Bundesländern sind sie inzwischen in mehreren Landesparlamenten vertreten. Darauf hätte noch unlängst niemand einen Pfifferling gewettet. Und das ist der offenkundige und wahre Grund für die Angriffe auf Herrn Gysi. So richtige Beweise hat es bis jetzt jedenfalls nicht gegeben. Jene ihm angelasteten "Kontakte zur Staatssicherheit" resultieren aus seiner anwaltlichen Tätigkeit. Herr Gysi hat u. a. mehrere Republikflüchtlinge vor Gericht vertreten. Schon damit allein lassen sich eventuelle Kontakte zum MfS als im Mandanteninteresse liegend erklären. Auch z. B. Kontakte zum Landrat sind unvermeidbar, wenn man im Landratsamt arbeitet. Da geht es nicht um Sympathie oder Antipathie, nicht um Zustimmung oder Kritik, sondern um Arbeitsvorgänge und dafür notwendige Zusammenarbeit.



Peter Moser äußerte sich ebenfalls zu diesem Thema.

Mir persönlich ist Die Linke immer noch zu lahm, dennoch ist sie mir als politische Kraft allemal willkommener als die anderen im Bundestag vertretenen Parteien zusammengenommen. Und jetzt wurde diese Partei nun stärker. Dagegen wendet man nun ein uraltes Rezept an: Wenn man ein Argument nicht aus den Angeln heben kann, es nicht widerlegen kann, dann greife man den Träger des Arguments an, indem man seinen Ruf zerstört. Klappt auch dieses nicht, dann muss es jemand aus dessen Verwandtschaft oder Freundeskreis sein. Und notfalls wird auch etwas erfunden in der Hoffnung, dass etwas davon kleben bleibt. Das ist der wahre Grund: Diffamieren, weil man die Argumente nicht aus den Angeln heben kann.

Die Linke ist unberechenbarer als andere Parteien, weil sie weder so angepasst noch so treu den Monopolen ergeben sind wie andere Parteien. Sollten sie jemals angepasst, sozialisiert sein (das heißt im System angekommen sein), dann wären sie für die anderen akzeptabel. Ich hoffe, dass dieses nicht der Fall sein wird. Erinnern wir uns nur an die Grünen. Sie sind zum Marsch durch die Institutionen angetreten, um sie von innen zu verändern. Letztendlich haben sie nur sich selbst verändert. Sie stimmen dem Krieg zu, haben Hartz-IV mit zu verantworten und anderes mehr. Sie sind unkritische Mitläufer. Eine Partei von Studienabbrechern, die langsam an die Altersrente denken müssen. Dafür verkaufen sie ihr Volk. Die anderen sind ein wenig anspruchsvoller, sie tun es für mehr Geld.

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Termine:

  • 09.06.2008, Montag, 18:00 Uhr:
    182. Montagsdemonstration auf dem Schützenplatz in Zeitz.
    Wir bitten um rege Teilnahme und pünktliches Erscheinen.


  • 12.06.2008, Dienstag, 09:00 bis 13:00 Uhr:
    Infotour nach Hohenmölsen.
    Es werden Unterschriften gegen Hartz-IV und Sozialabbau, sowie für die Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie im gesamten Burgenlandkreis gesammelt.
    Außerdem wird über die Änderungen für ALG-II-Bezieher ab dem 01.01.2008, sowie über die aktuelle Verwaltungsrichtlinie des Burgenlandkreises informiert.

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