Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur 194. Montagsdemonstration vom 01.09.2008 in Zeitz


Zur heutigen 194. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 46 Personen, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und gegen Sozialabbau zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Dieter Rolle kommentierte die neuen Arbeitslosenzahlen.

Im Monat August waren es offiziell wieder fast 3,2 Millionen Arbeitslose. Alles wird wie immer als positive Entwicklung dargestellt und die Hoffnung geschürt, bis 2010 gäbe es überhaupt keine Arbeitslosen mehr.

Das wird aber nicht eintreten, weil ohne die industrielle Reservearmee der Arbeitslosen weniger Profite zu machen sind. Was diesen "Aufschwung" angeht: Sachsen-Anhalt liegt bei der Arbeitslosenquote an vorletzter Stelle aller Bundesländer. Ungeachtet einer Riesenmenge von Wegzüglern! Unser Burgenlandkreis mit sehr vielen Wegzüglern liegt ebenfalls an vorletzter Stelle innerhalb des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Besonders eindrucksvoll kommt das im Zeitzer Raum zum Ausdruck; hier liegt die Arbeitslosenquote bei 18,4 % und damit immerhin 0,1 % höher gegenüber dem Vormonat Juli (Ironie: trotz 2 Monate Amtszeit von Oberbürgermeister Herr Dr. A.). Die 100-Tage-Bilanz unseres neuen Oberbürgermeisters (die jedem Amtsträger zusteht) werden wir dann im Oktober auswerten.

Seit 1992 ist die Quote regulär versicherungspflichtig Beschäftigter von 80,5% auf 65,5% gesunken, während die nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im gleichen Zeitraum von 19,5 % auf 34,5 % gestiegen sind.

Vergangene Woche wurden zwei Nachrichten bekannt gegeben:

Erstens will die Deutsche Bahn AG am 14.12.2008 die Ticketpreise um durchschnittlich 3,9 % erhöhen. Unmittelbar vor Weihnachten! Viele Verwandte und Freunde besuchen einander über die Weihnachtsfeiertage. Genau dann wird Bahnnutzern noch tiefer in die Tasche gegriffen! Passt gut. Begründet wird diese Erhöhung mit der Steigerung von Energie- und Personalkosten. Trotzdem stiegen die Gewinne des Unternehmens deutlich an. Hier wird wieder einmal klar, was wirklich passiert.

Eine zweite Nachricht handelte von der Erhöhung der Honorare für Ärzte (immerhin ca. 10 %), die inzwischen durchgesetzt wurde. Die Kosten betragen 2,5 Milliarden € und durch die Angleichung der Ost-Honorare auf West-Niveau sogar bis zu 2,7 Milliarden €. Prompt kommt auch die Mitteilung, dass gesetzlich Krankenversicherte deswegen 0,28 % mehr Beitrag zahlen müssen. Dazu kommt noch die Preistreiberei bei Strom, Gas, Benzin, Lebensmitteln und Anderem. Das müsste doch nun eigentlich auch dem Letzten zeigen wie unsozial, menschenfeindlich und undemokratisch dieses System ist. Aber wie so oft schläft der „Deutsche Michel“ bis zuletzt und wehrt sich bis auf wenige Ausnahmen nicht. Anders als sich zu wehren geht es aber nicht, und deswegen werden wir auch nicht locker lassen und hören mit unseren Protesten nicht auf!

Weiterhin berichtete Dieter über die am Vormittag durchgeführte Aktion vor dem Arbeitsamt (AvA). 5 Mitglieder des ORTZ sammelten dabei 214 Unterschriften (insgesamt nach 3 Unterschriftenaktionen bereits 690 Unterschriften) gegen die Preispolitik der Stadtwerke und für die Einführung eines Sozialtarifs.



Michael Blöth besuchte uns als Urlaubsgast und war stolz, dass es unsere Montagsdemo immer noch so kämpferisch gibt, wie er sie für eine lange Zeit selbst mitgestaltet hat.

In einem Lied der Band "DIE ÄRZTE" heißt es: "Du bist nicht schuld, dass die Welt so ist wie sie ist, du bist aber schuld, dass sie so bleibt wie sie ist." Das sollte unser Motto sein. Nicht aufgeben und nicht sagen "es hat keinen Sinn"! Dann würden wir uns schuldig machen. Wir sollten weiter kämpfen, dass wir zukünftig doch 'mal eine bessere Welt haben. Und dafür stehen die Menschen hier auf der Montagsdemo. Im Westen ist oft eine ganz andere Situation. Da hört man die Leute oft sagen, dass wir in der DDR doch schöne Errungenschaften hatten und dass die jetzige Politik "Scheiße" ist. Aber anstatt selbst etwas mit zu bewegen warten sie darauf, dass der Osten für sie mit aufsteht. Aber so funktioniert das nicht. Da ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.



Ein Redner - der sich als Mitglied der MLPD vorstellte - machte uns darauf aufmerksam, dass heute ein Anti-Kriegs-Tag, sozusagen ein Weltfriedenstag ist.

Doch es herrscht keineswegs Frieden, wenn man sich die Vorgänge in der Welt ansieht. An vielen Orten gib es kriegerische Auseinandersetzungen. Auch das ist ein Grund, hier auf der Montagsdemo zu stehen und zusammenzuarbeiten.



Wolfgang Vogl sprach über das um 3,5 % gesunkene Realeinkommen je Beschäftigtem, während die Gewinne der Unternehmen um 25 % angewachsen sind.

Dieser so genannte Aufschwung wurde auf dem Rücken der abhängig Beschäftigten und auch vieler "Selbständiger" durch Ausbeutung erwirtschaftet. Erwirtschaftet? Jedenfalls durch Ausbeutung bewirkt.

Weitere Themen waren die Pflegeversicherung, die eingeschränkte Mitbestimmung bei Tochtergesellschaften der Bahn AG.



Michael Blöth sprach abschließende Worte zu den Demonstranten.

Niemand sollte sich von irgendwelchen Statistiken oder Informationen täuschen lassen, denn die sind oft manipuliert. (Glaube nur der Statistik, die du selbst gefälscht hast). Es hat für uns keinen Wert, sich an solchen Zahlen zu orientieren. Da müssen wir kritisch sein. Beispielsweise ist zur "Senkung der Arbeitslosenzahlen" festzustellen: Die 1-Euro-Jobs sind nicht dabei, auch diejenigen werden nicht gezählt, die resigniert und eine Vereinbarung unterschrieben haben um nicht mehr vermittelt zu werden. Und allen diesen Leuten muss man eben klar machen, dass sie (wie in dem Lied gesagt wird) nicht an der jetzigen Situation schuld sind. Aber sie sind schuld, wenn es so bleibt. Diese Erkenntnis muss in die Hirne transportiert werden.

Auch die Tatsache ist zu kritisieren, dass immer mehr Menschen bei Personaldienstleistungsfirmen oder Personalleasingfirmen arbeiten. Man muss sich das einmal vorstellen: Menschen werden wie Maschinen und Automaten geleast - also gemietet und vermietet! Weshalb nur wachen die Leute nicht auf, sondern lassen sich so erniedrigen? Dabei kosten Leiharbeiter für die Zeit ihrer Anwesenheit den Betrieben stündlich sogar mehr als ein Stammbeschäftigter – und die Leiharbeiter bekommen sehr viel weniger Lohn. Aber Leiharbeiter kann man eben sofort "abbestellen", wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Und man braucht ihnen als "Mieter" keinen Urlaub und kein Krankengeld zu zahlen. Es "rechnet sich" zwar nicht für die Leiharbeiter, für andere Leute aber eben doch.

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