Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur 198. Montagsdemonstration vom 29.09.2008 in Zeitz


Zur heutigen 198. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 47 Personen, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und gegen Sozialabbau zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Steffen Hemberger beleuchtete in seinem Redebeitrag die 1-Euro-Jobs. Nichts blieb von ihrem angeblichen Zweck, die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu verbessern. Die wirklich vernichtende Realität ist heute wie immer vorhergesagt: 1-Euro-Jobber sind Ersatzarbeitskräfte und Lohndrücker gegen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, nichts anderes. Am begehrtesten sind gut ausgebildete Fachkräfte.

Inzwischen vergibt man wieder stärker ABM anstatt 1-Euro-Jobs. Betroffene können dann zumindest ein paar Rentenpunkte sammeln. Schlimm genug ist das alles aber immer noch. Allein richtig wäre ein Existenz sicherndes tarifliches Einkommen. Eine Entlohnung also, von der man ordentlich leben kann. ABM können nur ein erster kleiner Schritt in diese Richtung sein - wenn überhaupt etwas daran erträglich sein sollte. Wegen der geringen "Löhne" wird jedoch immer häufiger eine "Aufstockung" durch Hartz-IV notwendig. Ungeachtet harter Arbeit sind die Betroffenen weiterhin an die Hartz-IV-Gesetzgebung mit allen ihren Repressalien gefesselt. Das wird von vielen Unternehmen "genutzt". Die Nutznießer erzielen sehr erhebliche "Lohnkostenminderungen". Und das wird sich gewiss nicht bessern, solange es eine mit Steuergeldern finanzierte Lohnaufstockung durch Hartz-IV gibt.

Ein weiteres Thema war die staatliche Hilfe gegen die Bankenkrise in Amerika und auch in Deutschland. Die Profiteure, ihre Lakaien und Sprachrohre verbitten sich auch bei horrenden Gewinnen regulierende staatliche Eingriffe und vor allem steuerliche Maßnahmen. Die gleichen Kreise vertreten aber bei Verlusten entgegengesetzte Auffassungen: Dann wird staatliche Hilfe sogar gefordert. Hilfe aus Steuermitteln also und mit möglichst geringer eigener Steuerlast. Gewinne werden in die eigene Tasche gestopft, für die Verluste soll der Steuerzahler – mithin der Normalverdiener - gerade stehen. Motto: Gewinne privatisieren, Verluste vergesellschaften!



Wolfgang Vogl fand bemerkenswert, dass die Medien im Zusammenhang mit der Bankenkrise plötzlich von Kapitalismus reden. Bislang wurde seine Existenz geleugnet, das Wort Kapitalismus peinlichst vermieden und lieber von Privat- oder Marktwirtschaft, Liberalismus und ähnlichem gesprochen. Jetzt gibt es plötzlich wieder Kapitalismus. Wenn es den aber gibt, dann gibt es auch Klassen: Ausbeuter und Ausgebeutete. Damit wird die uns allen bekannte Lehre trefflichst bestätigt.

Weiterhin: Die neue Krankenhausfinanzierung. Und: Auch hier wird gelogen. Es wurde erwogen, die Mehrkosten steuerlich zu finanzieren, um die Lohnnebenkosten zu senken. Das wird nun aber doch nicht steuerfinanziert, sondern aus Beiträgen. Allerdings Beiträgen ausschließlich der Arbeitnehmer. Ergebnis: Die Mehrkosten der Krankenkassen werden zu 100 % ohne erhöhte Lohnnebenkosten finanziert. Selbstredend von den versicherten Beschäftigten selber finanziert. Ein weiterer Schritt zur Privatisierung der Krankenkassen. Und mit der erhöhten Mehrwertsteuer werden dem Normalverdiener die Gelder aus der Tasche gezogen, welche eigentlich für diese Krankenhausfinanzierung verwendet werden könnten und müssten anstatt für Aufrüstung, Auslandseinsätze und Verfassungsschutz.

Mancher meint vielleicht, wir sollten uns hier auf das Thema Hartz-IV beschränken. Aber es bestehen doch mit den oben genannten Themen stets Wechselbeziehungen und Zusammenhänge. Denn es wächst immer mehr Aufrüstung und Unterdrückung innerhalb der Gesellschaft. Arbeitsagenturen übernehmen durch ihre Überwachung ja schon polizeiliche Aufgaben: Wenn man sich z. B. bei der ARGE abmelden muss, um den Wohnort verlassen zu dürfen. Die Leute werden also wie Verbrecher behandelt, ohne sich je schuldig gemacht zu haben.



Steffen Hemberger ergänzte die Liste der Überwachungsaufgaben der ARGE: Es ist nicht nur die Ortsabwesenheit. Es ist u. a. auch die Wohnungskontrolle, eine besondere Schikane. Und die ARGE nimmt auch andere Aufgaben wahr, die nicht in ihre Hände gehören. Stattdessen sollten sie sich lieber mit ihrer eigentlichen Aufgabe befassen, die Bescheide korrekt berechnen und Ordnung in ihr Chaos bringen, da haben sie genug zu tun.



Peter Moser bestätigte die Sachverhalte. Es sind die Kennzeichen einer Ausbeutergesellschaft. Es sind die Symptome, aber keine Ursachen. Die Gründe sind: Eine Riesenmehrheit muss eben bezahlen, gegebenenfalls auch darben und leiden, weil eine winzige Minderheit in Saus und Braus lebt. Nicht bloß unverhältnismäßig gut lebt.

Was aber die fehlerhaften Bescheide der ARGEn und das Chaos dort angeht: Es ist wohl keine Unfähigkeit, sondern dahinter steckt System. In Frankreich gab es eine Frau namens Fabienne, beschäftigt auf einem Arbeitsamt. Sie konnte ihre Gewissensbelastung mit den vielen Schikanen und Ungerechtigkeiten gegenüber Arbeitslosen nicht mehr ertragen und veröffentlichte anonym ein Buch über die Machenschaften an ihrem Arbeitsamt. Sie schrieb dort unter anderem über Anweisungen Vorgesetzter, willkürliche Sperren zu verhängen. Ebenso, wie es hier in Deutschland auch geschieht. Nach der Buchveröffentlichung kamen tausende Zuschriften von Mitarbeitern anderer Arbeitsämter in ganz Frankreich. Und da stellte sich heraus: Diese Mitarbeitern hatten das gleiche Problem, auch sie mussten willkürlich Ungerechtigkeiten begehen. Und zuvor dachte jeder, nur bei ihm sei es so. Nein, in ganz Frankreich gab es die gleiche Vorgehensweise. Und so ergab sich: Eine Systematik und ein einheitlicher Wille, eine Absicht steht dahinter.

Ob das in Deutschland anders ist?



Eine Rednerin aus dem Publikum bestätigte diese Vorkommnisse ebenfalls anhand des Beispiels "Eingliederungsvereinbarung", die jeder unterschreiben muss.

Ungerechtigkeiten gibt es auch für selbstnutzende Eigenheimbesitzer. Nur im Burgenlandkreis? Sie müssen ihre Instandhaltungs- und auch Heizkosten selbst tragen. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen. Da gibt’s nur eins: konsequent sein Recht durchsetzen. Und es müssten viel mehr Leute hier auf die Straße gehen. Es hilft nur Protest und Klage.



Steffen Hemberger wies noch darauf hin, dass wir ab kommenden Montag, den 06.10.2008 die Kundgebung bereits um 17:00 Uhr durchführen. Diese Zeit wird dann bis Anfang April beibehalten.

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Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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