Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur 202. Montagsdemonstration vom 27.10.2008 in Zeitz


Zur heutigen 202. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen 38 Personen, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und gegen Sozialabbau zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Steffen Hemberger sprach nochmals zum Thema Energiepreise und über seinen Brief an den Herrn Geschäftsführer Huke der Stadtwerke Zeitz (SWZ).

Im Brief fragt Steffen, warum in einer Kundeninformation an alle Zeitzer Bürger die neuerliche Preiserhöhung der SWZ bei Erdgas mit gestiegenen Beschaffungskosten „begründet“ wird, obwohl die Rohölpreise – woran auch die Preise für Erdgas gekoppelt sind – tatsächlich stark gefallen sind. Diese Begründung ist somit ganz offenkundig unzutreffend. Die Mitteldeutsche Zeitung berichtete z. B. unlängst in einem Artikel über einen Ansturm auf das nun billigere Heizöl. Der Herr Geschäftsführer wird aufgefordert, diese Unvereinbarkeiten auszuräumen. Weiterhin wird er zu einer Konzeptionsdarstellung aufgefordert, womit er gegebenenfalls eine Preisstabilisierung für Elektroenergie, Gas und Wasser für die Zeitzer Bürger in den nächsten Jahren zu erreichen gedenkt. Steffen möchte eine Antwort bis zum 30.11.2008.

Der Offene Runde Tisch Zeitz beabsichtigt zum gleichen Thema sowie zur Einführung von Sozialtarifen bei den SWZ alle Stadtratsfraktionen anzuschreiben und ihnen ihre Positionsbestimmung zu diesem Ziel zu ermöglichen. Sie könnten dann erklären, wie sie die Interessen der Zeitzer Bürger bei der Preisgestaltung der Stadtwerke Zeitz vertreten wollen. Von besonderem Interesse ist für uns dabei die Antwort der CDU-Fraktion. Der damalige Oberbürgermeisterkandidat der CDU Herr Dr. A. sagte uns, nur die Geschäftsleitung der Stadtwerke habe derzeit Einfluss auf die Preise. Allein die Gesellschafterversammlung könne dieses Preisgestaltungsrecht abändern und in diesem Gremium sei für Zeitz ausschließlich der Oberbürgermeister vertreten. Jetzt ist Herr Dr. A. selbst Oberbürgermeister, deshalb sind wir sehr auf die Antwort gespannt.



Peter Moser sprach über das 480 Milliarden € schwere Hilfspaket für die Banken.

Bei der Ausarbeitung hat sich die Bundesregierung mit den Bankenvertretern besprochen und von ihnen beraten lassen. Es ist grotesk. Die Regierung läßt sich beraten, wie die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen ist. Die "Berater" findet sie in den gleichen Kreisen, welche die Karre in den Sand gesetzt haben. So "berät" man in Deutschland über Rettungsmaßnahmen!

Wenn einem normalen Arbeiter ein Fehler passiert, kann er sich oft sofort die Papiere abholen. Jedenfalls kommt aber kein Geschäftsführer auf den Gedanken, sich anschließend über die Fehlerkorrektur von jenem Arbeiter beraten zu lassen. Bei der Bundesregierung ist das jedoch anders, sie holen sich Rat von diesen Leuten. So hat es in der Zeitung gestanden. Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht. Es beweist ein weiteres Mal, wie stark die Bundesregierung sogar schon vor den Kulissen vom Kapital gesteuert wird.



Steffen Hemberger sprach ebenfalls ergänzend über die Finanzkrise.

Bayerns Finanzminister Huber musste aufgrund der Turbulenzen nun schon seinen Rücktritt erklären. Der eigentlich Verantwortliche weigert sich aber, Verantwortung zu tragen und seinen Hut zu nehmen. Er leitet die betroffene Bank nach wie vor. Und es müssen schwere Fehler unterlaufen sein. Dafür muss man eben einstehen, mit allen Konsequenzen! Forderte "man" bisher überall Privatisierungen - wie z. B. bei der Post, der Telekom, der Bahn – geht "man" bei den Banken und anderswo interessanterweise jetzt den umgekehrten Weg. Da wird plötzlich ganz laut der Staat um Hilfe angerufen, damit er die Krisenbanken übernimmt. Jetzt soll der Staat einspringen. Da es nicht mehr funktioniert, die Gewinne wegbrechen, Abschreibungen und Verluste in Milliardenhöhe drohen. Und der Staat sind wir alle mit unseren Steuergeldern. Mancher behauptet jetzt, dass Hartz-IV-Betroffene keine Steuern zahlen müssen. Das ist auch wieder falsch! Auch wir müssen einkaufen gehen und zahlen dort wie jeder andere die Umsatzsteuer.



Dieter Rolle sprach erneut über das Thema Kindergelderhöhung.

Dazu muss ergänzt werden: Diese Kindergelderhöhung (je nach Kinderzahl 10 € oder 16 € oder vielleicht noch ein bisschen mehr) wird bei den Hartz-IV-Betroffenen nicht ankommen, sondern als Einkommen angerechnet und vom Hartz-IV-Bezug abgezogen werden. Sie werden also davon nichts haben.

Ein weiteres Thema: Die Arbeitslosenzahlen. Sprach man vor kurzem noch von einer im Jahr 2010 zu erwartenden "Vollbeschäftigung", gehen ernstzunehmende Wissenschaftler jetzt von 300.000 Arbeitslosen mehr im Jahr 2009 aus. Die Auswirkungen der Finanzkrise werden sich noch weiter ausbreiten. Es wird eine Rezession geben und nicht wenige befürchten eine Weltwirtschaftskrise wie im Jahr 1929. Viele wollen das nicht wahrhaben. Aber wir müssen damit rechnen, dass dies auf uns zukommt.

Für uns kann es es deshalb nur ein Ziel geben: Gegen die Sch...politik der Regierenden stets unseren Widerspruch einbringen und Widerstand leisten!

Deshalb sind heute auch zwei Vertreter des ORTZ im Kreistag, um dem Landrat Unterstützerunterschriften für die Vereinheitlichung der Verwaltungsrichtlinie zu den Kosten der Unterkunft und gegen Hartz-IV zu überbringen. Sie werden ihm dazu Fragen stellen, die er hoffentlich ordnungs- und fristgemäß beantworten wird.

Auch wenn das nur kleine Bausteine sind: Es ist wichtig, dies weiterzuführen und wir werden das weiterführen. Wir wünschen uns dazu eine stärkere Beteiligung an unseren Demonstrationen und Aktionen.



Peter Moser griff das Thema Weltwirtschaftskrise auf.

Wenn das Schreckensszenarium einer Weltwirtschaftskrise wie 1929 wieder auf uns zukommen sollte, dann bleibt nur zu hoffen, dass nicht wieder so eine Lösung gefunden wird wie Anfang der 1930er Jahre. Denn diesmal ist kein Mann mit Bärtchen erforderlich, sondern da genügt ein Innenminister, der dafür eintritt, „Verdächtige“ durch Polizei oder Geheimdienst im Ausland töten zu lassen. Ohne Gerichtsverfahren, auf "Verdacht". Wir hoffen, dass nie wieder so eine faschistische Diktatur auf uns zukommt. Aber mit Hoffnung allein kommt man nicht weiter, man muss sich auch wehren! Wir wenige Leute reichen da nicht aus, da müssen wir schon mehr werden. Alle Erfahrungen lehren uns, wenn es zu einer Massenverelendung kommt, dann ist unser System mit bürgerlicher Demokratie nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Kapitalherrschaft lässt sich dann nur noch mit Gewalt erhalten. Es besteht keine Gefahr, so lange die Leute ruhig gehalten werden können. Die "Gefahr" besteht für diese Leute darin, dass die auf die Volksmassen abgewälzten Kosten die Volksmassen zur Empörung bringen. Man kann am Beispiel von Lateinamerikanischen Ländern sehen - die versuchen die Herrschaft des amerikanischen Kapitals zu brechen - wie dort mit allen Mittel gegen gesteuert wird. Nicht nur von den USA, sondern auch von Deutschland. Beispielsweise hatte Kuba einen Liefervertrag mit der DDR und bezog Milchpulver aus der DDR. Eine der ersten Maßnahmen nach der Einheit Deutschlands war die Aufkündigung jenes Vertrages. Milchpulver ist keine Angelegenheit von militärischer Bedeutung, denn unter dem Lieferstopp leiden in erster Linie die Kinder. Und daran kann man sehen, wie die verantwortlichen Leute eingestellt sind und was ihnen Humanität wirklich bedeutet.

Wir müssen unseren Protest unbedingt fortsetzen und denn alles geht klaglos über die Bühne, wenn niemand protestiert. Zur Fußballweltmeisterschaft sind einige Gesetze beschlossen worden, ohne dass die Öffentlichkeit es voll wahrnahm. Weil alle Leute im Fußballfieber und abgelenkt waren.



Steffen Hemberger ging nochmals auf das Thema Kindergeld ein.

25 %-30 % der Kindegeldberechtigten haben nichts von der Erhöhung, da diese in voller Höhe auf das ALG-II angerechnet wird.

Eine weitere "soziale Wohltat" ist die Erhöhung des Wohngeldes zum 01.01.2009. Zum ersten Mal sollen auch Heizkosten ins Wohngeld einbezogen werden. Davon haben aber viele nichts, im Gegenteil. Das alles dient nur zur weiteren Beschönigung der Arbeitslosenstatistik. Denn Einkommen im Grenzbereich werden zwar Wohngeld erhalten, dafür aber aus dem Hartz-IV herausfallen. Auf den ersten Blick mag es egal sein, woher man sein Geld bekommt. Es ist aber nicht egal, denn das hat einige Tücken. Leben sie unverheiratet mit einem Partner zusammen und sie fallen aus dem Hartz-IV heraus, sind sie im Gegensatz zu den Verheirateten nicht mehr krankenversichert. Das merken die meisten aber erst, wenn sie davon betroffen sind, denn vorher sagt das keiner.

Demnächst werde ich eine Anfrage an den Landrat stellen, ob bezüglich der durch die gestiegenen Gaspreise höheren Heizkosten nun auch die Verwaltungsrichtlinie angepasst wird. Ziel ist es, wieder die 1,20 €/m² zu bekommen, die es in Weißenfels schon einmal gab, die aber gekürzt wurden. Dies geschah trotz der schon damals gestiegenen Energiekosten. Auch daran erkennt man, dieser Verwaltungsrichtlinie liegen keine vernünftigen Berechnungen zugrunde, sondern rein willkürlich wurden Werte festgelegt. Landrat Reiche "begründete" die Festlegung dieser Obergrenzen mit dem Verbrauch des Vorjahres. Das ist aber keine Bezugsgröße, denn man muss es am durchschnittlichen Verbrauch und dem Preis festlegen und nicht am Vorjahresverbrauch. Nach dieser Methode wird man sogar fürs Sparen bestraft: Die Obergrenze wird im folgenden Jahr abgesenkt, wenn man einspart. Man bleibt dann auf den steigenden Kosten sitzen. Daran ist Landrat Reiche aber nicht alleine Schuld, sondern auch jene Kreisräte, welche diese Verwaltungsrichtlinie beschlossen haben. Und die müssen dazu nicht Ja sagen, sondern sie können Änderungen verlangen. Und das machen sie - bis auf wenige Ausnahmen - im Kreistag nicht.

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