Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Bericht zur 206. Montagsdemonstration vom 24.11.2008 in Zeitz


Zur heutigen 206. Montagsdemonstration in Zeitz erschienen trotz widriger Witterungsbedingungen 36 Personen, um wieder gemeinsam gegen Hartz-IV und gegen Sozialabbau zu protestieren.

Folgende Redner sprachen auf der Kundgebung:



Steffen Hemberger sprach über die wirtschaftliche Situation und den Kaufkraftverlust in unserer Region.

Eine Pressestatistik lieferte hierzu interessante Daten. Landrat Harry Reiche meint bei Unternehmen Anzeichen für eine Bereitschaft zur Entgeltverbesserung ihrer Beschäftigten zu erkennen. Zu fragen bleibt, wo er diese Anzeichen erkennt. Er meint, ein anstehender Fachkräftemangel müsse höhere Löhne nach sich ziehen. Tatsache ist aber: Immer mehr reguläre Arbeitsverhältnisse werden gekündigt und stattdessen nehmen Leiharbeitsverhältnisse mit viel niedrigeren Löhnen zu. Allein zwischen 2000 und 2005 führte der Verlust von 9000 Arbeitsplätzen zu starken Kaufkraftverlusten im Kreis. Die Inflation wurde dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Ein weiteres Thema war die Verwaltungsrichtlinie zu den Kosten für Unterkunft und Heizung der Hartz-IV-Betroffenen im Burgenlandkreis. Es könnte den Betroffenen bei der kommenden Betriebskostenabrechnung großen Schaden bringen, die Höchstgrenzen am Vorjahresverbrauch statt an der Preisentwicklung zu orientieren, wie es des Landrates Methode "regelt". In den vergangenen milden Wintern musste weniger geheizt werden. Wird das immer so bleiben? Wo ist die Gewähr? Dieses Jahr hat der Winter jedenfalls zeitig begonnen und könnte auch strenger ausfallen als in den letzten zurückliegenden Jahren. In diesem Fall würden die Heizkostenabrechnungen höher ausfallen und die Höchstsätze übersteigen. Wir sind gespannt, wie die ARGE und der Landrat reagieren werden, wenn diese Betriebskostenabrechnungen von den Betroffenen eingereicht werden.

Die Stadtwerke Zeitz kündigten Tariferhöhungen bei Elektroenergie an. Diese Erhöhung fällt mit 2 ct/Kilowattstunde heftig aus. In den Informationsschreiben der Stadtwerke wird immer auf gestiegene staatliche Kostenanteile verwiesen. Diese Behauptung ist unzutreffend! Denn der Staat hat in letzter Zeit überhaupt nichts angehoben. Die Preissteigerungen erfolgen bei den Stadtwerken selbst. Dafür gibt es aber keinen Grund! Die Energiepreise sind an den Rohölpreisen festgemacht. Und der Einkaufspreis für Rohöl ist in der letzten Zeit stark gefallen, man sieht es an den stark verbilligten Benzinpreisen..



Wolfgang Vogl sprach über die Umkehr der Beweislast bei Hartz-IV.

Diese Änderung gefährdet wieder einmal die Rechtsstaatlichkeit. Hier wird eine Bevölkerungsgruppe zwecks Durchsetzung politischer Ziele vorverurteilt und derart diskriminiert, dass man schon von Volksverhetzung sprechen könnte. Die Hartz-IV-Gesetze hätten schon aus diesem Grund nicht beschlossen und verkündet werden dürfen.

Immer wieder einmal tönt es, Hartz-IV-Empfänger könnten und sollten doch zufrieden sein. Schließlich würde ihr Lebensunterhalt aus Steuermitteln gesichert. Aus "unseren" Steuern. Eine dumme "Argumentation"! Vielleicht bezahlen sie ja ihre Steuergelder lieber für Kriegseinsätze der Bundeswehr oder zur Rettung von Banken und Spekulanten? Die Anhänger solcher Auffassungen lassen sich auf diese Weise ausquetschen und schreien dazu auch noch "Hurra". Gefährliche Dummheit!



Dieter Rolle bemerkte, dass in der Politik plötzlich überall vom Abschwung und von Rezession geredet wird.

Noch unlängst betonten die gleichen Politiker vielstimmig, wie der Aufschwung greift. Es sind auch erste Stimmen vernehmbar, die von "Tagelöhnern" statt Geringverdienern oder 1-Euro-Jobbern reden. Weiterhin wird von dem kommenden schweren Jahr 2009 geredet, als wenn nicht schon 2008 schwer genug zu ertragen war, mit all seinen Gesetzen und Entscheidungen dieser unfähigen Regierungskoalition. Das lässt sich aber auch auf regionale Politik übertragen. Gemeint ist eine gewisse unfähige und unbelehrbare Stadtratsmehrheit, die schlechte Entscheidungen trifft (wie zuletzt beim sog. Michaelpark) und bei der kommenden Kommunalwahl eine Abfuhr verdient. Hier sollte der Verstand eingeschaltet werden.

Doch zurück zur Bundespolitik. Frau Merkel forderte angesichts der kommenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten von den Unternehmen, keine Fachkräfte zu entlassen. Denn nach dem Abschwung käme wieder ein Aufschwung, dann würden qualifizierte Mitarbeiter dringend gebraucht. Doch was ist mit den anderen Beschäftigten? Sind damit die oben genannten "Tagelöhner" gemeint? Können die etwa ruhig in die Gosse entlassen werden? Nicht mal das will Frau Merkel als ehemalige FDJ-Funktionärin für Agitation und Propaganda begreifen: Den Kapitalisten bedrückt kein Gedanke an Arbeitslose oder Hartz-IV-Betroffene, sondern ihn beschäftigt einzig und allein sein Kapitalertrag und der Profit. Quält ihn gar Mitleid? Auch Herr Steinbrück sprach von Rezession. Über ihre Dauer könne er nichts sagen. Oh doch, schlimme Auswirkungen für die Menschen wird es im kapitalistischen System immer geben, genauso wie es immer wieder von Krisen geschüttelt werden wird. Es war, ist, und wird immer menschenfeindlich und auf Profit bedacht sein und deshalb muss es weg. Und selbst jetzt spricht Arbeitsminister Scholz noch von "Vollbeschäftigung". Doch das ist im kapitalistischen System schlicht unmöglich und auch unerwünscht. Karl Marx sprach seinerzeit schon von der "industriellen Reservearmee".



Peter Moser sprach über die schon langjährige Privatisierung öffentlichen Eigentums.

Zugleich wird irreführend damit der öffentliche Haushalt zeitweilig ausbalanciert. Nutznießer sind einige wenige, während die breite Masse alle Nachteile tragen muss. Maßnahmen zum angeblichen Nachteilsausgleich und zur sozialen Sicherung sind deshalb scheinheilig und verlogen.



Helmut Braune sprach über die Problematik Hartz-IV

Man wusste schon von einer bevorstehenden Finanz- und Wirtschaftskrise, als Hartz-IV eingeführt wurde. Vor allem amerikanische Wirtschaftsexperten warnten damals. Erste Anzeichen konnte man seinerzeit schon erkennen. Amerikanische Fluggesellschaften wurden von Hedge-Fonds in Mitleidenschaft gezogen. Die amerikanische Autoindustrie begann zu wackeln. Die Infrastruktur ist ebenfalls betroffen und infolge Sparkurs bricht immer öfter die Stromversorgung zusammen.

Multimillionär Merkle hat 300 Millionen Euro verspekuliert. Die sind bei Porsche gelandet. Merkle bekommt sie natürlich nicht zurück. Deswegen verlangt er jetzt vom Staat Geld, so wie die Banken.

Da erscheint die Einführung von Hartz-IV in ganz anderem Licht. Mit Hartz-IV wurde enorm viel Geld "eingespart". Denn soziale Ausgaben stellen im Staatshaushalt einen großen Posten. Das "Eingesparte" steht jetzt zum Ausgleich solcher Spekulationsverluste bei Banken und Unternehmen bereit.

Und viele Hartz-IV-Betroffene sind inzwischen leider seelisch gebrochen. Die Montagsdemo steuert dagegen, bringt den Menschen Kraft. Auch das ist wichtig.



Ein Redner aus dem Publikum wies darauf hin, dass bei unseren Anstrengungen auch die Umweltbewegung eingeschlossen werden muss.

Das dürfen wir auch nicht anderen Parteien überlassen, auch nicht den Grünen, denn die knicken immer wieder ein, wie zuletzt beim Bau des Braunkohlekraftwerkes in Hamburg.

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Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ

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