Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 1 + Nr. 01 + 12. Januar 2009

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Protest gegen Hartz-IV, Sozial- und Demokratieabbau!
  2. Das Jahr 2009 - Der Sozialkahlschlag geht weiter.
  3. Unterschriftenaktionen des ORTZ im vergangenen Jahr.
  4. Bürgerfragen des ORTZ an den Landrat des Burgenlandkreises und die Antworten an den ORTZ.

Protest gegen Hartz-IV, Sozial- und Demokratieabbau!

Jeden Montag finden in Zeitz auf dem Schützenplatz Demonstrationen bzw. Kundgebungen gegen Hartz-IV und Sozialabbau statt. Leider verbessert sich die Situation der Betroffenen nicht, im Gegenteil. Daher rufen wir alle Betroffenen auf bei unserem Protest mitzuwirken! Sehr oft bekommen wir zu hören, unser Protest würde doch nichts bewirken. Eine 100%ige Gewissheit nichts zu bewirken gibt es allerdings nur dann, wenn man tatsächlich nichts tut.
(siehe Termine am Ende)

Das Jahr 2009 - Der Sozialkahlschlag geht weiter.

2009 - Das fünfte Jahr der Hartz-IV-Gesetze hat begonnen. Es bringt gleich zu Beginn eine Reihe von Verschlechterungen für die Betroffenen mit sich. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag am 05.12.2008 Änderungen am SGB II und SGB III beschlossen und bereits am 19.12.2008 wurden die Gesetzesvorlagen vom Bundesrat mehrheitlich bestätigt. Am 01.01.2009 trat nun die "Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente" in Kraft. Hier einige Beispiele:
  • Das Amt hat ab sofort die Möglichkeit einen ALG2-Bezieher (Aufstocker) zu zwingen, seine bisherige Tätigkeit aufzugeben und ihm eine andere Tätigkeit zuzuweisen, wenn dadurch die "Hilfebedürftigkeit" verringert wird.

  • Mit der gleichen Begründung - die Hilfebedürftigkeit zu verringern - kann aber auch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch Zuschüsse und Darlehen gefördert werden.

  • Änderungen am Sozialgesetzbuch III haben Auswirkungen auf das Sozialgesetzbuch II und somit auch für Bezieher von ALG II:
    • kein Anspruch mehr auf Leistungen bzw. Kostenerstattung für und bei Maßnahmen der Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen.

    • keine Mobilitätshilfen mehr

    • kein Anspruch auf ABM

    • er Anspruch auf Erstattung von Bewerbungs- und Reisekosten im SGB III wird ersatzlos gestrichen
  • Anmerkung des ORTZ:
    Diese Förderungen sollen irgendwann anders geregelt werden. Es ist aber noch nichts bekannt.


  • Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht.

  • Der bisherige Anspruch auf Mehrbedarf für unter 15jährige wird durch Hinzufügen der Anspruchsvoraussetzung "voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch" beendet.

  • Besonders schwer wiegende Änderung:
  • Weder Widerspruch noch Klage gegen alle nach dem SGB II erlassenen Verwaltungsakte haben aufschiebende Wirkung.

  • Zweifelnden Sachbearbeitern ist es nun pauschal erlaubt, einem ALG2-Empfänger zu unterstellen, er wäre gar nicht arbeitsunfähig, und ihn zur Überprüfung seiner Arbeitsunfähigkeit zum Medizinischen Dienst der Krankenkassen zu schicken.
  • Anmerkung des ORTZ:
    Hier ist der Willkür und Schikane Tür und Tor geöffnet, da dieser "Zweifel" auf der rein subjektiven Einschätzung eines Sachbearbeiters beruht, der im Regelfall keinerlei medizinische Kenntnisse und somit auch keine Kompetenz besitzt, um so etwas beurteilen zu können.


Positive Veränderungen gibt es dagegen meist nur dort, wo in der Vergangenheit Gerichte ohnehin immer wieder zugunsten der Betroffenen entschieden haben. Hier einige Beispiele:
  • Künftig wird Verpflegung, die außerhalb von Arbeitsverhältnissen bereitgestellt wird, nicht mehr als Einkommen berücksichtigt. (in Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen, Schulen und Kindergärten, durch Verwandte) Dies tritt rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft.

  • Geldgeschenke an Minderjährige anlässlich der Firmung, Kommunion, Konfirmation oder vergleichbarer religiöser Feste sowie anlässlich der Jugendweihe werden künftig ebenfalls nicht mehr als Einkommen angerechnet.

  • Neu geregelt wird auch die Berechnung des Einkommens, wenn durch einen Arbeitgeber Verpflegung als Bezügebestandteil gewährt wird. Hierfür wird künftig pauschal ein Wert von 1% der Regelleistung je Tag als Wert angesetzt, an dem der Arbeitgeber Vollverpflegung gewährt.
Die ausführliche Auflistung aller Änderungen befindet sich in dem "Infoblatt 01/2009 - Neuerungen zum 01.01.2009" welches auf der Homepage des Offenen Runden Tisches Zeitz (ORTZ) heruntergeladen werden kann.

Unterschriftenaktionen des ORTZ im vergangenen Jahr

Unterschriftenaktion für die Vereinheitlichung der Kosten für die Unterkunft (KdU) im gesamten Burgenlandkreis. Wir fordern:
  1. Anhebung der angemessenen Wohnungsgröße auf 50 m² für Ein-Personen-Haushalte auch in Weißenfels!

  2. Anhebung der Höchstwerte bei den Heizkosten auf 1,20 Euro / m² im gesamten Burgenlandkreis!

  3. Die Versorgung mit Warmwasser soll Bestandteil der Kosten für die Unterkunft werden!
Es wurden insgesamt 1.001 Unterschriften gesammelt und am 27.10.2008 im Rahmen einer Einwohnerfragestunde im Kreistag an den Landrat des Burgenlandkreises Harry Reiche übergeben. (die Antwort des Landrates kann unten nachgelesen werden).

Unterschriftenaktion gegen Hartz-IV, sowie gegen Sozial- und Demokratieabbau. Wir fordern:
  1. Schaffung von Arbeitsplätzen mit extistenzsicherndem Einkommen!

  2. Schaffung eines gesetzlichen Mindestlohnes!

  3. Hartz IV durch eine gerechte und wirklich existenzsichernde Sozialgesetzgebung ersetzen!

  4. Für eine demokratische Politik im Interesse des Volkes!
Es wurden insgesamt 1.501 Unterschiften gesammelt und ebenfalls am 15.09.2008 im Kreistag an den Landrat Harry Reiche übergeben.

Unterschriftenaktion für eine soziale Preispolitik der Stadtwerke Zeitz !!! Wir fordern:
  1. Für Energieträger und Wasser keine Tariferhöhungen aus Profitgründen! Preiserhöhungen müssen anhand offengelegter Kalkulationen begründet werden! (Dazu gibt es bereits Gerichtsurteile)

  2. Zur Information:
    Das Stammkapital der Stadtwerke Zeitz GmbH beträgt 12,5 Mio €. Die Geschäftsberichte weisen nach Abzug aller Steuern folgende Jahresüberschüsse aus:

    Jahresüberschuss 2003: 3,750 Mio € entspricht 30,00 % Kapitalertrag
    Jahresüberschuss 2004: 3,974 Mio € entspricht 31,79 % Kapitalertrag
    Jahresüberschuss 2005: 3,517 Mio € entspricht 28,13 % Kapitalertrag
    Jahresüberschuss 2006: 3,100 Mio € entspricht 24.80 % Kapitalertrag

  3. Wir fordern die Einführung eines Sozialtarifes für einkommensschwache Haushalte, insbesondere für Bezieher von ALG-II !
Vom ORTZ wurden über 1.200 Unterschriften gesammelt und am 06.11.2008 während einer öffentlichen Stadtratsitzung an die amtierende Oberbürgermeisterin Frau Beret übergeben.

Bürgerfragen des ORTZ an den Landrat des Burgenlandkreises und die Antworten an den ORTZ

Zur Frage: Wie erklären Sie den Tatbestand von zwei oder sogar noch mehr unterschiedlichen Kostenansätzen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sowie auch überhaupt aller Wohn- und Wohnnebenkosten der ALG-II-Betroffenen innerhalb des Burgenlandkreises?
Leistungen für Unterkunft und Heizung sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Die Preise für diese Leistungen sind vom jeweiligen Anbieter abhängig, territorial unterschiedlich und vom Leistungsempfänger nur schwer oder gar nicht zu beeinflussen. Eine Pauschalierung über den gesamten Burgenlandkreis ist wegen des individuellen Anspruches auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht möglich, weil sonst ein Teil der Leistungsempfänger die Leistungen nicht vollumfänglich erstattet bekäme und der andere Teil der Leistungsempfänger überzahlt würde, was ebenfalls nicht zulässig ist. Darum werden die Vergleichs- und Richtwerte in der Richtlinie so kleinräumig wie möglich, also unterschiedlich, gestaltet.

Anmerkung des ORTZ:
Hier wird behauptet, regionale Unterschiede berücksichtigen zu wollen. Aber das darf eine solche Verwaltungsrichtlinie gerade nicht! Weil die tatsächlichen Kosten zu erstatten sind, soweit sie "angemessen" sind. (Sozialgesetzbuch 2 § 22 Abs.1 Satz 1) Der eigentlichen Frage wurde ausgewichen.


Zur Frage: Entspricht das Ihrer Auffassung von Kosteneinsparung, Bürokratieabbau, Verwaltungsvereinfachung und von der rechtlichen Gleichstellung aller Bürger innerhalb territorialer Rechtsgrenzen, also innerhalb derselben und von Ihnen persönlich geleiteten Verwaltungseinheit?
Gerade nur durch diese, vorstehend ausgeführte, Praxis wird die rechtliche Gleichstellung aller Leistungsempfänger gewährleistet. Die Leistungsempfänger erhalten ihre Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind, - nicht mehr und nicht weniger. Zur Verwaltungsvereinfachung, für weniger Bürokratie und damit auch zur Einsparung von Kosten und auch zur Vergleichbarkeit von Bedarfsgemeinschaften werden eben nicht für jeden Leistungsempfänger bzw. jede Bedarfsgemeinschaft individuell Vergleichs- und Richtwerte erarbeitet, sondern so kleinräumig wie möglich in einer Verwaltungsrichtlinie zusammengefasst.

Anmerkung des ORTZ:
Diese "Antwort" erklärt nicht die Unterschiede des angemessenen Wohnraumes für Singlehaushalte (in Zeitz sind es 50m² aber in Weißenfels nur 45m²). Das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes wird völlig außer Acht gelassen.


Weiterhin teilt der Landrat mit, dass die übergebenen 1501 Unterschriften gegen Hartz-IV an den Präsidenten des Bundestages zur Berücksichtigung in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages weitergeleitet worden sind.

Wir werden unseren Protest fortsetzen!

Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ



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