Jahrgang 1 | + | Nr. 06 | + | 1. Juli 2009 |
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Inhalt:
Bespitzelung von ALG II-BeziehernMit Wirkung vom 20.05.2009 hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine neue Weisung für den Außendienst der Leistungsträger des SGB II herausgegeben, die für großen Wirbel sorgte. Die Weisung strotzte wieder vor Anweisungen zu rechtswidrigen Datenerhebungen und Leistungsverweigerungen.So wurde als "Beweismittel" erlaubt, "Zeugen und Sachverständige zu vernehmen". Das suggeriert dem Außendienst Befugnisse von Strafermittlungsbehörden, welche dieser aber nicht hat. Als "Prüfanlass", wurde u. a. die "Überprüfung von Wohnungsverhältnissen (z. B. Wohnfläche) benannt. Dies ist rechtswidrig, denn die Leistungsträger haben weder lt. SGB II, noch einem anderen Gesetz, das Recht, vom Mietvertrag abweichende Wohnflächen festzulegen (so auch BSG - B 7b AS 10/06 R, B 7b AS 18/06 R u.v.m.). Weitergehend soll die "Abgrenzung Bedarfsgemeinschaft/Haushaltsgemeinschaft" festgestellt werden. Hier widerspricht sich die BA selbst, denn sowohl in der Weisung (Rz 6.17) als auch im "Leitfaden Außendienst" weist die Behörde wiederholt darauf hin, dass ein Hausbesuch gerade dazu nicht geeignet ist und verweist stattdessen auf die Anlage VE. "Gespräche mit sonstigen Dritten, z. B. Nachbarn, Vermieter" sollen erhoben werden dürfen. Auch das ist unzulässig, da Daten nach § 67a SGB X zuerst beim Betroffenen zu erheben sind und derartig bei Dritten ermittelte Daten letztlich auch keinerlei rechtliche Beweiskraft besitzen. Unter Rz 6.11 werden "Observationen bei Verdacht auf einen besonders schwerwiegenden Leistungsmissbrauch" ausdrücklich zugelassen. Eine anonyme Anzeige würde somit reichen, um solche geheimdienstlichen Maßnahmen zu rechtfertigen, denn Beweise müssen keine vorhanden sein, es reicht ja der "Verdacht". Damit habe der Außendienst - so die BA selbst - deutlich mehr Rechte als die Strafermittlungsbehörden. In welcher Form das so Erschnüffelte dann beweiskräftig sein soll, ist höchst fraglich, da z.B. die Anfertigung von Fotos durch den Außendienst als Beweis aufgrund des Rechts am eigenen Bild nicht nur unzulässig ist, sondern sogar eine Straftat darstellt, insbesondere, wenn es sich um Fotos von der Wohnung des Betroffenen handelt (§201a StGB). Unter Rz 6.22 weist die BA darauf hin, dass wegen Verweigerung eines Hausbesuches die Leistung nicht wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 SGB I) entzogen werden kann, verweist aber gleichzeitig darauf, dass man dem Betroffenen trotzdem wegen "nicht möglicher Sachverhaltsaufklärung" die Leistung ablehnen darf. Unter Rz 6.23 weist die BA darauf hin, dass der Betroffene das Recht hat, einen Hausbesuch jederzeit abzubrechen, dann aber dessen Leistung wegen nicht möglicher Sachverhaltsaufklärung abgelehnt werden muss. Unter Rz 6.24 wird darauf hingewiesen, dass die Durchsuchung der Schränke grundsätzlich unzulässig ist und nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Betroffenen erfolgen kann, gleichzeitig wird wieder darauf hingewiesen, dass bei Weigerung wegen nicht möglicher Sachverhaltsaufklärung die Leistung abgelehnt werden darf. Mit der einen Hand räumt die BA den Betroffenen Rechte ein, die sie ihm mit der anderen Hand sofort wieder entzieht. Das stellt unmissverständlich klar, dass Leistungsempfänger in den Augen der BA keinerlei Bürgerrechte haben. Aufgrund der Intervention zweier Erwerbsloseninitiativen ruderte die BA sofort zurück, es würden keine Observationen im Auftrag der BA bei den Betroffenen stattfinden. Die BA sowie das Ministerium für Arbeit und Soziales geben nach, der Passus "Observationen" wurde aus den Dienstanweisungen gestrichen. Nun mehr wolle man im "Gespräch Verdachtsmomente abschließend recherchieren". Die beiden Erwerbsloseninitiativen hatten die Dienstanweisung scharf kritisiert. Sie sahen darin einen klaren Rechtsbruch. Observationen würden von Strafermittlungsbehörden bei schweren Straftaten eingesetzt. Hierbei benötigt auch die Polizei eine gerichtliche Anordnung. Die Befragung von Nachbarn und das Aushorchen von Kindern wurden jedoch nicht aus den Anweisungen gestrichen. Nach dem die Dienstanweisungen der BA bekannt geworden sind, ließ diese eiligst verlautbaren, dass sich die Regelungen "zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs" im Rahmen des geltenden Rechts bewegen würden und dass der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit über diese Regelung informiert gewesen wäre. Dieser kannte die Anweisungen jedoch gar nicht. Unter dem Druck musste der "Observations-Passus" zumindest vorläufig zurückgenommen werden. Rechtsstaat BRD? - Unrechtsstaat DDR?In diesem Jahr wird die BRD 60 Jahre alt und auch die DDR wäre 60 Jahre alt geworden. Deshalb ist dieses Thema zur Zeit in den Medien stark präsent. In der Berichterstattung über die Geschichte beider Staaten fällt aber auf, dass leider sämtliche Lebensbereiche der DDR zunehmend negativ charakterisiert werden, während die BRD stets als die beste, gerechteste und demokratischste Staatsform dargestellt wird, die uns vor 20 Jahren zuteil geworden ist.Wir wissen, dass die DDR kein Paradies gewesen ist und dass es eine Mangelwirtschaft gab, aber es gab in der DDR Errungenschaften, von denen man heute leider nur noch träumen kann. Davon hört man allerdings nichts mehr, weil die positiven Aspekte der DDR nicht zu dem Bild passen, was man den Menschen heute von der DDR vermitteln will, um selbst besser dazustehen. Deshalb wird kübelweise Schmutz über der DDR ausgeschüttet um das was gut war zu besudeln und unkenntlich zu machen. Wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten in einer kleinen Serie beleuchten: Teil 1:
Bereits im September 1946 begannen verantwortungsbewusste Deutsche in Ost und West die Diskussion um eine demokratische gesamtdeutsche Verfassung. Aus einer Massenbewegung für die "Einheit Deutschlands und einen gerechten Frieden" in Ost und West war der deutsche Volkskongress entstanden. (Diese Volkskongressbewegung wurde Anfang 1948 in den Westzonen verboten) Im Oktober 1948 legte der deutsche Volksrat dem deutschen Volke einen Verfassungsentwurf zur Diskussion vor. Mehr als 9.000 Veranstaltungen wurden dazu durchgeführt. Es gingen über 15.000 Meinungsäußerungen ein. 503 Änderungsvorschläge führten bei den 144 Artikeln dieses Verfassungsentwurfes zu Änderungen in 52 Artikeln. Der dann aus Wahlen der Bürger der sowjetischen Besatzungszone hervorgegangene Deutsche Volkskongress verabschiedete am 30.05.1949 den Entwurf einer Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik. Diesen Verfassungstext, der beispiellos demokratisch zustande gekommen war, galt es zu einer Verfassung Gesamtdeutschlands zu machen. Doch dazu kam es nicht.
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