Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 2 + Nr. 03 + 1. März 2010

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. 100. Internationaler Frauentag
  2. Die Schwarz-Gelbe Bundesregierung - Zwischenbilanz nach 100 Tagen
  3. Die Folgen der Privatisierung staatlicher und kommunaler Einrichtungen
  4. GEZ-Gebühr soll steigen

100. Internationaler Frauentag

Wir gratulieren allen Frauen recht herzlich zum 100. Internationalen Frauentag am 8. März 2010 und danken für die erbrachten Leistungen. Dafür soll ihnen weltweit gleichberechtigte Anerkennung zuteil werden. Bestehende Unterschiede zu überwinden muss das Ziel Aller sein!

Zur Geschichte des Internationalen Frauentags:
Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Am 19. März 1911 wurde in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz der erste Frauentag gefeiert. Mit der Wahl des Datums sollte der revolutionäre Charakter des Frauentags hervorgehoben werden, denn der Vortag, der 18. März, war der Gedenktag für die Gefallenen während der Märzrevolution 1848. Außerdem hatte auch die Pariser Commune 1871 im März begonnen. Am 8. März 1917 - nach russischem (julianischem) Kalender der 23. Februar - streikten in Sankt Petersburg die Arbeiter- und Soldatenfrauen und erstmals auch Bauernfrauen der armen Stadtviertel auf der Wyborger Seite und lösten damit die Februarrevolution aus. Daraufhin wurde im Jahre 1921 auf Beschluss der 2. kommunistischen Frauenkonferenz der 8. März als Internationaler Frauentag festgelegt.

Die Schwarz-Gelbe Bundesregierung
Zwischenbilanz nach 100 Tagen

Die ersten 100 Regierungstage der Koalition sind vorüber und man kann es eben nicht lassen, es wird weiter schön gefärbt; die Regierungsmannschaft torpediert sich gegenseitig. Die Profilierungssucht hat zu Streit, Irritationen und zu Entscheidungen der Regierung geführt, gegen die der Widerspruch einfach nicht versiegen will. Jetzt wollen sie ja nicht mehr als "Schwarz-Gelb" oder "Tigerentenkoalition" bezeichnet werden, sondern als Christlich-Liberale-Koalition. Unser aller Angie beschrieb es so: "Wir sind als Regierung gut in Tritt gekommen, haben vieles auf den Weg gebracht. Es geht der Regierung darum, das Wachstum, das zarte Pflänzchen Wachstum, das wir jetzt haben, zu beleben und zu kräftigen." Das könnte eine Selbstbeschreibung sein, denn die Koalition ist in der Wahrnehmung auch kaum mehr als dies: Ein Pflänzchen, eher sehr mickrig als viel versprechend.

Als Erfolgsbeispiele der ersten 100 Tage werden z. B. verkauft: Die Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan, ein mehr als fragwürdiges Steuerentlastungspaket und die Verlängerung der Kurzarbeiterregelung.
Künast: "Man kann sagen: 100 Tage ist nichts passiert."
Steinmeier: "Politisches Totalversagen."
Lötzsch: "Diese Regierung ist unfähig, die Banker tanzen der Kanzlerin seit Jahren auf der Nase herum. Die Zeche sollen aber weiter die Bürger des Landes bezahlen."

Der letztgenannten Einschätzung kann man wohl am ehesten folgen, wenn auch festzustellen bleibt: Es trifft eben nicht alle Bürger, denn einige sahnen ganz schön ab. Natürlich ist Arbeitgeberpräsident Hundt hellauf begeistert und lobt die "wichtigen Entscheidungen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise" bzw. drängt auf die Fortsetzung der Entlastungspolitik für Unternehmer durch weitere Senkung der Sozialbeiträge.

Das findet auch sein Echo. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, hat eine drastische Absenkung des Hartz-IV-Regelsatzes gefordert. Dieser müsse um 30 % abgesenkt werden, um stärkere Arbeitsanreize zu schaffen, forderte Franz in der "WirtschaftsWoche". "Wer Arbeitslosengeld II bezieht, gering qualifiziert ist und Kinder hat, steht einschließlich der Zuschläge häufig finanziell besser da als der Nachbar mit schlecht bezahlter Vollzeitstelle", meinte dieser Chef des "Sachverständigenrates" der Bundesregierung zur "Begründung". Franz forderte zudem, die Hinzuverdienstgrenzen für Bezieher von Arbeitslosengeld II anzuheben. "Im jetzigen System sind die Arbeitsanreize für Transferempfänger unzureichend", sagte er.

Derzeit liegt der Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene bei 359 €, für Kinder deutlich niedriger. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) entschied am 9. Februar zu den Berechnungsgrundlagen der Regelsätze. Der ORTZ hat aus diesem Anlass vor der ARGE Zeitz eine Unterschriftenaktion durchgeführt und Informationsmaterial verteilt. Das fand übrigens zeitnah in 60 weiteren bundesdeutschen Städten statt. Das BVG entschied am 9.2. erwartungsgemäß nicht mit Sofortwirkung. Wir werden daher nach einer Auswertung näher auf wichtige Einzelheiten eingehen und wir werden auch für schnelle Entscheidungen zugunsten Betroffener eintreten.

Übrigens könnte man hinsichtlich Hartz IV auch einen Vorschlag zur Erleichterung für CDU und FDP unterbreiten. Das ist jetzt ironisch gemeint: Alle Bezieher einheitlich einkleiden, wegen der Kostenersparnis beim Wohngeld große einheitliche Wohnmöglichkeiten einzurichten, einheitliches Essen, gemeinsame Arbeitsstellen. Das spart Kosten, das löst Probleme. In anderen Zeiten hieß das wohl ein bisschen anders. Aber damit würde auch Frau von der Leyen geholfen, denn sie sucht ohnehin nach einem neuen Namen für Hartz IV. Man könnte in diese Wohnkomplexe dann auch Kulturgruppen schicken, denn damit würde auch der Vorwurf entfallen, Hartz-IV-Empfänger seien vom kulturellen Leben ausgeschlossen.

Apropos Kultur, ich möchte nochmal auf den neuen Namen "Christlich-Liberale-Koalition" zurückkommen. Der Kabarettist Pölitz sagte dazu: "Das ist wie bei Verbrechern. Erst tauchen sie nach einer Tat unter, und dann unter neuen Namen wieder auf." Eine ausgezeichnete Charakterisierung der gegenwärtigen Regierung.

Die Folgen der Privatisierung staatlicher und kommunaler Einrichtungen

Es vergeht keine Woche, in der man nicht irgendwas über geplante Privatisierungen hier in Zeitz liest. Unser neuer Oberbürgermeister von der Gelb-Blauen Partei scheint diese Praxis, die er zuvor eventuell in anderen Städten pfleg-te, auch hier zielstrebig umsetzen zu wollen. Er plant die Privatisierung der Zeitzer Bäder mittels Übertragung an die Stadtwerke. Der Stadtreinigung- und Servicebetrieb SSBZ soll ebenfalls privatisiert werden, auch die Zeitzer Märkte. Was wird wohl dann als Nächstes privatisiert? Schulen und Kindergärten?

Was das für die Zeitzer Bürger bedeuten kann? Beispiel SSBZ: Vor wenigen Wochen wurden die Preise für die Straßenreinigung um 30 % erhöht. Im Zuge einer Privatisierung kämen nochmals mindestens 19 % Mehrwertsteuer hinzu, ein privates Unternehmen SSBZ wäre umsatzssteuerpflichtig - im Gegensatz zu kommunaleigenen Unternehmen. Diese Steuern muss der Endverbraucher tragen. Insgesamt ist also eine Erhöhung von 54,7 % zu erwarten, wenn diese Planungen umgesetzt werden.

Privatisierung, dieses Zauberwort ist derzeit in aller Munde. Es ist wahr, damit werden öffentliche Haushalte entlastet, aber eine Entlastung oder gar Verbesserung für die Steuerzahler ist bei den bereits durchgeführten Privatisierungen nicht erkennbar. Die in Privatvermögen überführten ehemaligen staatlichen oder kommunalen Einrichtungen haben eben ganz andere Prioritäten, ja nur eine einzige Priorität: PROFIT!

Den erstrebt man mit dem geringsten Aufwand bei größtem innerbetrieblichen Nutzen. Soziale oder gesellschaftliche Belange sind unbeachtlich. Der Aufwand wird durch Kostenreduzierung verringert, insbesondere die Personalkosten. Sie werden durch Personalabbau oder durch eine rigide Tarifpolitik immer weiter gesenkt. Die Privatwirtschaft bietet für eine solche Vorgehensweise geradezu ideale Bedingungen. Der privatisierte Betrieb muss keine Tarifvereinbarungen für den öffentlichen Dienst beachten. Auch werden die angebotenen Leistungen privater Betriebe einer ständigen Wirtschaftlichkeitsprüfung nach betriebswirtschaftlichen Kriterien unterzogen. Dabei bleiben soziale, territoriale oder überhaupt gesellschaftliche Notwendigkeiten völlig unberücksichtigt. Wird eine bestimmte Leistung weniger nachgefragt, sodass der daraus zu erzielende Nutzen (Profit) gewisse Erwartungen unterschreitet, wird diese Leistung möglicherweise nicht mehr angeboten. Das Hauptaugenmerk liegt auf stark nachgefragten Leistungen, deren Preise infolge der Nachfrage dann auch dementsprechend steigen. So entstehen Versorgungslücken und überteuerte Preise.

Abschreckendes Beispiel ist die Deutsche Bahn AG. Das staatliche Dienstleistungsunternehmen wurde zu Privatisierungszwecken "marktfähig" umgestaltet und somit dem Niedergang preisgegeben. Der ehemals große Arbeitgeber hat massiven Stellenabbau betrieben. Die angebotenen Leistungen für Zugreisen haben sich deutlich verteuert. Gleichzeitig wurden und werden wenig befahrene Strecken stillgelegt, Bahnhöfe werden verkauft. Manche Ortschaften sind regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten.

Man sagt, Konkurrenz belebt das Geschäft, sie zerstört es aber auch! Im Energiesektor etwa werden kleine Betriebe von den Größeren aufgekauft. Es wird eine Monopolsituation geschaffen, manchmal sogar durch Subventionen aus Steuergeldern künstlich erzeugt. Das gereicht dem Bürger zum Nachteil. Privaten Unternehmen sind, anders als staatlichen oder kommunalen Unternehmen, Bedürfnisse der Menschen nur bei Vermarktungsfähigkeit wichtig. Es wurden schon ganze städtische Wohnviertel an private Investoren verkauft, wie z. B. in Dresden. Ergebnis: Die Stadt wurde von Schulden und Ausgaben befreit, aber die Menschen müssen Mieterhöhungen in Kauf nehmen und in ständiger Angst vor der Pleite der Investoren leben. Das kann man doch nicht ernsthaft als Vorteil anpreisen!

GEZ-Gebühr soll steigen

Ab 2013 soll die derzeitige GEZ-Grundgebühr von 5,76 €/monatlich entfallen. Aber keineswegs ersatzlos, im Gegenteil! Auch auschließliche Radionutzer müssen dann anstelle der bislang relativ geringen Gebühr ebenfalls die neue einheitliche GEZ-Gebühr von - derzeit - 17,98 €/monatlich zahlen, ohne mehr Leistung zu beanspruchen. Auch für Besitzer internetfähiger PCs und Handys wird diese Gebühr dann erhoben. Es gibt dann kaum noch Chancen, der Gebühr zu entgehen, weil immer mehr dieser Geräte internetfähig sind. De facto sind dann alle Haushalte durch GEZ-Definition gebührenpflichtig. Obendrein wird die Beweislast umgekehrt und betroffene Haushalte müssen ihrerseits nachweisen, keinen Rundfunk zu empfangen!



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ




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