Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 2 + Nr. 05 + 1. Mai 2010

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Zum 1. Mai 2010
  2. Missbrauch von Arbeitsgelegenheiten (1 €-Jobs, etc.)
  3. 8. Mai 2010 - 65. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

Zum 1. Mai 2010

Geschichtliches:

Zum ersten Mal erlangte dieser Tag im Jahr 1886 Bedeutung, als amerikanische Arbeiter für den Achtstundentag kämpften.

1889 beschloss der Gründungskongress der II. Internationale in Paris, am 1. Mai 1890 gleichzeitig in allen Ländern große Manifestationen, insbesondere zur Erkämpfung des Achtstundentages, durchzuführen. Trotz Sozialistengesetz legten in Deutschland rund 200.000 Menschen die Arbeit nieder.

1891 wurde auf dem Brüsseler Kongress der II. Internationale beschlossen, den 1. Mai als alljährlichen Kampftag der internationalen Arbeiterklasse zu begehen.

Bis aber der 1. Mai zum Kampf- und Feiertag der internationalen Arbeiterklasse wurde, war es ein langer und blutiger Weg:
  • 1916 trotzten Arbeiter der Militärmacht des damaligen Kaisers Wilhelm II., sie begingen den 1. Mai als Anti-Kriegstag.

  • 1919 marschierten am 1. Mai Freikorps und Reichswehr unter dem Befehl Noskes (SPD) in München ein, es gab 1.100 Opfer.

  • 1929 wurden 13.000 Polizisten in Berlin gegen die Maidemonstration aufgeboten; sie jagten, prügelten und schossen, es gab 33 Tote, 81 Schwerverletzte und 1.200 Verhaftete. 1929 wurden 13.000 Polizisten in Berlin gegen die Maidemonstration aufgeboten; sie jagten, prügelten und schossen, es gab 33 Tote, 81 Schwerverletzte und 1.200 Verhaftete.

  • 1933 erklärt Hitler den 1. Mai zum "Tag der nationalen Arbeit". Von diesem Tag bis zum II. Weltkrieg war es nicht mehr weit.

  • 1946 wurde der 1. Mai zu einer wahren Feier für Einheit, Freiheit und Frieden.
Und heute?

Der 1. Mai ist für uns kein schlichtes Volks- und Familienfest und kein "Tag der Arbeit", sondern der 1. Mai bleibt Kampf- und Feiertag der Werktätigen in der ganzen Welt! Das ist nötig, solange es Ausbeutung, Unterdrückung und Kriege gibt!

Missbrauch von Arbeitsgelegenheiten
(1 €-Jobs, etc.)

Ein Instrument der "Förderung" von Arbeitslosen aus dem SGB II sind "Arbeitsgelegenheiten" (AGH). Die im Rahmen von AGH's ausgeführten Arbeiten müssen zusätzlich sein. Dies ist der Fall, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Arbeiten, die auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt werden.

Bei der Prüfung der Zusätzlichkeit der Arbeiten ist eigentlich ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine strikte Abgrenzung und Trennung zwischen erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten und den Arbeitsinhalten der AGH. Beispielsweise sind zusätzliche Aktivitäten im Pflegebereich, in der Freizeitgestaltung oder Einkaufsbegleitung nur förderfähig, wenn diese Tätigkeiten über die allgemeinen und über den Pflegesatz finanzierten Pflegeleistungen hinausgehen.

Nicht gefördert werden danach z. B. reine Vereinsarbeit (z. B. allgemeiner Schriftverkehr, Werbung für Vereinsmitgliedschaft); die Betreuung und Pflege von Demenzkranken (in Alten- und Pflegeheimen); Unterstützung und Mithilfe bei Arbeiten (Gemeindearbeiter, Kindergärtnerin). Ebenfalls nicht förderfähig sind Maßnahmen, welche der Sicherheit dienen (z. B. Erneuerung eines Geländers); Instandhaltungsarbeiten (nur Verschönerungsarbeiten werden gefördert); Maßnahmen im Grünbereich, wenn diese nicht zusätzlich sind (z. B. im Fußballverein das Mähen des Spielfeldes: es gilt keine Zusätzlichkeit, da Mähen zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebes auch sonst notwendig ist). Eine Rasenmahd ist nur zusätzlich, wenn die Fläche neu gestaltet wurde und die Erstmahd erfolgt.

In jüngster Zeit bemängeln Träger solcher Maßnahmen (z. B. ZIAG und CJD) zunehmend, dass neu beantragte Maßnahmen von der ARGE nicht mehr bewilligt werden. Kommunen und Verwaltungsgemeinden erklären, ihre Gemeindearbeiter seien nicht mehr in der Lage, notwendige Pflege- und Instandhaltungsarbeiten zu leisten. Das Sommerbad Zeitz muss aus diesem Grund seine Saison fünf Tage später beginnen.

Oft wurden diese AGH's in der Vergangenheit missbräuchlich benutzt: Öffentliche Arbeiten sind nicht länger leistbar, sobald das Arbeitslosenheer hierfür nicht mehr zur Verfügung steht. Bezieher von Leistungen nach dem SGB II wurden zur Entlastung der öffentlichen Haushalte als Billigarbeiter versklavt. In solchen AGH's Beschäftigte wurden offenkundig zu nicht zusätzlichen Arbeiten eingesetzt und reguläre Arbeitsplätze vernichtet.

Solche AGH's und andere Zwangsarbeitsmaßnahmen sind ein Instrumentarium zur systematischen und zielgerichteten Ausbeutung der Betroffenen und zur Vernichtung regulärer Arbeitsplätze. Wir lehnen dies ab!

8. Mai 2010
65. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

Sieg der Allierten

Am 8. Mai 1945 endete das schrecklichste Kapitel in der Geschichte des deutschen Volkes. Denn der durch die deutschen Faschisten entfesselte 2. Weltkrieg kostete Abermillionen Menschen das Leben, brachte Zerstörung, Leid und Elend über viele Völker Europas. Der Holocaust am jüdischen Volk ist das deutlichste Beispiel für die Brutalität der Faschisten.

Den Hauptanteil an der Niederschlagung des Faschismus leistete die Rote Armee der UdSSR. Die UdSSR trug auch die größten Kriegslasten, hatte die höchsten Verluste an Menschen, Zerstörung der Wirtschaft und Rüstungsanstrengungen.

Die UdSSR vollbrachte mit ihrer Roten Armee unter Hilfe von Partisaneneinheiten die entscheidende Wende im Kriegsgeschehen. Die faschistische deutsche Wehrmacht wurde Schritt für Schritt bezwungen und zurückgedrängt. Erst dadurch wurde überhaupt möglich, die Faschisten auf deutschem Boden gemeinsam mit amerikanischen und britischen Allierten endgültig vernichtend zu schlagen und Deutschland vom faschistischen Joch zu befreien. Diesen mutigen Soldaten danken wir an diesem Feiertag.

Die Schuld

Wer trug die Schuld an der faschistischen Herrschaft und dem von ihr verursachten Leid?

Ist das nur einer Bande verrückter Volksverführer anzurechnen oder steckt mehr dahinter? Wer hatte einen Nutzen vom Faschismus?

Im Gefolge der Wirtschaftskrise nach 1929 war es der NSDAP gelungen, große Teile des Kleinbürgertums mit verlogenen Parolen auf ihre Seite zu bringen und gegen das Proletariat einzunehmen. Handwerker, Händler, Kleinbauern, aber auch Teile der werktätigen Intelligenz fühlten sich von der Proletarisierung bedroht und trugen zur Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterbewegung bei. Begünstigt wurde das durch Fehler in der Bündnispolitik innerhalb der Arbeiterbewegung. Diese Fehler nutzte das Großkapital, um seine eigene Unterstützung des Faschismus zu verwischen. Die Schwächung des Arbeiterbewegung war ein willkommener Vorteil. So wichtig der NSDAP die breite Massenbasis zur Verwirklichung ihrer verbrecherischen Ziele war, so wenig hatten etwa kleine Handwerker realen Einfluss auf die Machtkonstellationen im Deutschen Reich vor und nach 1933. Sie wurden daher, als die Macht der Faschisten nach innen hinreichend sicher war, schnell abgehalftert und in der Wirtschaftspolitik den Monopolen, die mit dem Staatsapparat verwuchsen direkt untergeordnet.

Nutznießer waren die Monopolisten und Großkapitalisten. Der Faschismus diente allein ihren Interessen; er ist entgegen allen psychologisierenden Erklärungen und Deutungsversuchen eine politisch-ökonomische Erscheinungsform des Kapitalismus.

Lehren und Chancen

Nie wieder sollte Krieg vom deutschen Boden ausgehen, das war eine wichtige Lehre aus dem 2. Weltkrieg. Dieses Ziel wurde im sowjetisch verwalteten Teil Deutschlands, der späteren DDR, konsequent verfolgt. Antifaschistische Kräfte arbeiteten vereint zusammen. Die an den Nazi- und Kriegsverbrechen schuldige Monopolbourgeoisie wurde enteignet. Die Entnazifizierung wurde gemäß des Potsdamer Abkommens durchgeführt. Die nach der Befreiung vom Faschismus möglichen Chancen wurden in der DDR genutzt.

Im westlichen Teil Deutschlands wurden diese Schritte nicht gegangen, im Gegenteil. Es gab weder Enteignungen von Kriegsverbrechern, noch eine wirksame Entnazifizierung. Stattdessen wurden fortschrittliche und antifaschistische Vereinigungen sogar verboten. Kein Wunder, füllten doch später in der BRD Nazitäter die Ränge von Bundestag, Regierungen und Justiz.

Ein Beispiel für den laxen Umgang mit faschistischen Tätern ist die Verfahrenseinstellung gegen den Lagerkommandanten Kenn vom KZ-Außenlager "Wille" in Rehmsdorf. Es handelte sich um ein Außenlager des KZ-Buchenwald, in dem insgesamt 5.871 Menschen durch Zwangsarbeit und mörderische Haftbedingungen starben. Dennoch wurde gegen Lagerkommandant Kenn in der BRD erst 1975 ermittelt und das Verfahren von der Staatsanwaltschaft ohne Anklage eingestellt! Als Beweis können Unterlagen und Vernehmungsprotokolle in der Ausstellung zur Gedenkstätte des KZ-Außenlagers in Rehmsdorf eingesehen werden.

Heute, 65 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus und dem Ende des 2. Weltkrieges, hat man die Lehren offensichtlich vergessen. Nie wieder sollte von deutschem Boden Krieg ausgehen! Die Realität sieht anders aus. Längst beteiligt sich Deutschland mit der Bundeswehr wieder an Kriegen, wie z. B. in Afghanistan, wo inzwischen über 40 deutsche Soldaten umkamen. Diese Kriege werden verlogen wie eh und je unter einem Deckmantel geführt, dieses Mal der Bekämpfung von Terror und Menschenrechtsverletzungen. In Wahrheit sind es Raubkriege aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen. Afghanistan ist reich an Bodenschätzen. An solchen Orten führt der Imperialismus den Kampf um die Rohstoffe dieser Welt.

Und auch der Krieg selbst ist ein "lohnendes Geschäft". Die deutschen Rüstungsexporte stiegen in den letzten 5 Jahren um das Doppelte. Unter anderem werden Indien, Israel, Nigeria, Pakistan und Thailand "beliefert". Das sind die gegenwärtigen Brennpunkte in der Welt und die BRD ist bei dem Geschäft mit dem Tod immer ganz vorn mit dabei. Deshalb wollen die Regierenden mit ihren Durchhalteparolen an diesen Kriegen festhalten, obwohl über 70 % der deutschen Bevölkerung ihn ablehnt.

Auf "Ehrentafeln" heuchelt man uns vor: »Den Toten unserer Bundeswehr für Frieden, Recht und Freiheit« Uns gefällt eine andere Ehrentafel:

Hier lebte ein Mann,
der sich geweigert hat,
auf seine Mitmenschen zu schießen.
Ehre seinem Andenken!

Kurt Tucholsky, aus: Die Tafeln (1925)



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ




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