Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 3 + Nr. 02 + 7. Februar 2011

Druckversion(Download als PDF, beidseitig bedrucktes Faltblatt.)

«   Journal für soziale und politische Themen   »
Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Bürgerarbeit startet - Angriff auf Arbeitslose und Erwerbstätige
  2. Ein-Euro-Jobs werden missbraucht
  3. Gedenken an die Opfer des Faschismus - 27.01.2011 am OdF-Denkmal in Zeitz
  4. Faschismus oder Nationalsozialismus? - Das Verbrechen beim wahren Namen nennen

Bürgerarbeit startet
Angriff auf Arbeitslose und Erwerbstätige

Den Medien war unlängst der Beginn des Projektes "Bürgerarbeit" in Sachsen-Anhalt für 10 Männer und Frauen zu entnehmen. Sie werden nun für 3 Jahre eine Beschäftigung beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) erhalten.

Zwar wird stets die Gemeinnützigkeit und die Sozialversicherungspflicht solcher Bürgerarbeit betont, doch der fehlende Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wird "vergessen". Die "Bürgerarbeiter" werden nach Vertragsende wieder "Kunden" der Jobcenter sein - wie vor der Bürgerarbeit auch.

Über die Einkommen der Bürgerarbeiter geistern immer noch die verschiedensten Zahlen durch die Medien. Insbesondere der Betrag 1.080 € löst bei vielen Leuten ein erwartungsvolles Ah und Oh aus. Doch bei genauer Betrachtung lässt sich diese Summe schnell entzaubern, denn sie enthält 180 € des Arbeitgeberanteils am Sozialversicherungsbeitrag, so dass es sich tatsächlich nur um 900 € brutto für den Bürgerarbeiter handelt, davon wird dann noch sein Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag abgezogen, so dass mit einem Nettobetrag von 720 € zu rechnen ist, wenn der Bürgerarbeiter wöchentlich 30 Stunden arbeitet. Von diesen 720 € muss er seinen Lebensunterhalt bestreiten. Entsprechend weniger erhält, wer nur 20 Stunden wöchentlich arbeitet: 720 € abzüglich 120 € Arbeitgeberanteil ergeben dann 600 € brutto für den Bürgerarbeiter, wovon auch hier noch der Arbeitnehmeranteil einbehalten wird. Immer noch begeistert?

Im Leitfaden zur Bürgerarbeit vom Bundesverwaltungsamt heißt es wie folgt:
Die Arbeitsplätze im Rahmen der Bürgerarbeit müssen für "zusätzliche" und "im öffentlichen Interesse" liegende Arbeiten im Sinne des § 261 Absatz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bereitgestellt werden. [..] Reguläre Beschäftigung darf durch die Förderung von Arbeitsplätzen im Rahmen der Bürgerarbeit nicht verdrängt oder beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund darf
  • die Schaffung neuer Arbeitsplätze,

  • die Wiederbesetzung vorübergehend und dauerhaft frei gewordener Stammarbeitsplätze (z. B. Mutterschutz, Urlaubs- oder Krankeitsvertretungen, nach Streiks),

  • die notwendige Erweiterung des Personalbestandes,

  • die Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse oder

  • eine sich daran anschließende unbefristete Einstellung
durch Bürgerarbeit nicht verhindert werden. Saisonarbeit ist nicht förderfähig.
Schon der erste Punkt "darf die Schaffung neuer Arbeitsplätze ... durch Bürgerarbeit nicht verhindert werden" trifft nicht zu. Die Bürgerarbeit wird in vielen - angeblich zusätzlichen und gemeinnützigen - Arbeitsbereichen etabliert, in denen ganz offenkundig ein Bedarf an Arbeitskräften besteht. Dennoch werden keine regulären Arbeitsplätze in diesen Bereichen geschaffen - ganz zu schweigen von tarifgemäßer Bezahlung. Warum auch? Welchen Grund hätten "Arbeitgeber", subventionierte (Bürger)Arbeitskraft nicht zu nutzen (auch die Arbeitgeberanteile werden subventioniert, siehe oben) und stattdessen tariflich bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen oder auch nur zu beschirmen? Die Existenz eines jeden Bürgerarbeitsplatzes ist ein Argument gegen die Bürgerarbeit selbst.

Die Bürgerarbeit ist eine modifizierte Form der bereits bekannten und mittlerweile diskreditierten 1-€-Jobs. Man machte sich aber nicht einmal die Mühe, etwas komplett Neues zu erfinden, sondern man gab dem Ding nur einen anderen Namen und veränderte die Finanzierung. Die Strukturen blieben gleich. Daher wird auch der angebliche Zweck der Bürgerarbeit als Vorstufe zu regulärer tariflicher Arbeit nicht erreicht werden - wie das auch bei den 1-€-Jobs nicht erreicht wurde, sondern das Gegenteil eintrat, nämlich eine enorme Zunahme weit untertariflich bezahlter Arbeitsplätze. Und dieses Gegenteil war das wirkliche und immer wieder bemäntelte Ziel!

Ein-Euro-Jobs werden missbraucht

Die "Wunderwaffe" Ein-Euro-Jobs ist gescheitert. Dieses "arbeitsmarktpolitische Instrument" verdrängt nachweislich reguläre Arbeitsverhältnisse.

75 % der so "geförderten" ALG II-Empfänger bringen sie zudem keine Integrationsfortschritte. In zwei Dritteln dieser "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung" sind die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt. Es handelt sich bei den so geförderten Tätigkeiten um reguläre Aufgaben der öffentlichen Hand - so meinte der Bundesrechnungshof. Auf dese Art und Weise werden reguläre Arbeitskräfte eingespart oder es wird ein haushaltsbedingter Personalmangel ausgeglichen.

Zudem haben in 60 % der Fälle die Job-Center neben der Entschädigung für die Betroffenen eine monatliche Maßnahmepauschale von mindestens 200 Euro je Teilnehmer an den Maßnahmeträger gezahlt, selbst wenn nur einfachste Tätigkeiten zu erledigen waren. Hierbei handelt sich lediglich um eine Mitnahme von Fördermitteln durch anders nicht existenzfähige Beschäftigungsgesellschaften zu Lasten der Steuerzahler.

Viele Job-Center gewähren zudem sog. "freie Eingliederungsleistungen" nicht für innovative Förderung, vielmehr wird lediglich der Förderumfang unzulässig erweitert. So wird bei Lohnkostenzuschüssen an Arbeitgeber oft darauf verzichtet, diese nach Förderende zur Weiterbeschäftigung zu verpflichten. Vor außerbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen wird die Eignung der Jugendlichen nicht überprüft.

Schon früher bemängelte der Bundesrechnungshof, dass Beschäftigungsmaßnahmen der Job-Center nur in 18 % der Fälle zur Integration in sozialversicherungspflichtige Arbeit führen. 25 % derer, die aus Hartz IV in Arbeit kommen, beziehe schon nach drei Monaten wieder ALG II, nach einem Jahr jeder zweite.

Deshalb die Forderung: Wer in Deutschland arbeitet, muss dafür Lohn erhalten! Und Lohn muss existenzsichernd sein, in Höhe von mindestens 10,00 € je Stunde - lohnsteuerfrei und sozialversicherungspflichtig.

Gedenken an die Opfer des Faschismus
27.01.2011 am OdF-Denkmal in Zeitz

Am Donnerstag, den 27. Januar 2011 fand 16:30 Uhr in Zeitz am Denkmal für die Opfer des Faschismus (OdF) eine Gedenkveranstaltung statt. Es waren über 60 Menschen anwesend, Vertreter verschiedenster Stadtratsfraktionen, der Montagsdemo Zeitz und des ORTZ sowie Zeitzer Bürger.

Auch Mitglieder der FDP waren anwesend. Jedoch zog es die Stadtratsfraktion der FDP vor, an einem anderen Ort der "Opfer von Gewaltherrschaft und Stalinismus" zu "gedenken". Sollen damit etwa die weltgeschichtlich beispiellosen und gut dokumentierten Verbrechen der deutschen Faschisten verharmlost und mit anderen Ereignissen gleichgestellt werden, welche obendrein unzulänglich dokumentiert sind oder sogar mit nachweislich gefälschten Unterlagen "belegt" werden? Das wäre Geschichtsklitterung!

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der Sowjetarmee befreit. An diesem Ort wurden von den Faschisten die ungeheuerlichsten Menschheitsverbrechen begangen, Millionen Menschen bestialisch ermordet.

Dieser Mahn- und Gedenktag soll daher an alle Opfer des faschistischen deutschen Terrorregimes erinnern. Heute wird das Wort Faschismus zumeist durch die irreführende Bezeichnung Nationalsozialismus ersetzt, welche die deutschen Faschisten ihrem Gesellschaftssystem selber gaben. Damit beschäftigt sich der folgende Artikel.

Faschismus oder Nationalsozialismus?
Das Verbrechen beim wahren Namen nennen

Warum wird bei Nennung des schlimmsten Kapitels in der deutschen Geschichte von den deutschen Medien immer seltener bis gar nicht die Bezeichnung Faschismus verwendet, eine international übliche Bezeichnung? Warum spricht man hierzulande - ausschließlich hierzulande - vom "Nationalsozialismus" anstatt vom Faschismus?

Zunächst zu den Begriffen selbst:

Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.

Diese Definition prägte der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff; eine Definition, welche die Hintermänner und Nutznießer benennt und den Faschismus als aggressivste Erscheinungsform des Kapitalismus charakterisiert und die Hochfinanz als seine treibende Kraft.

Nationalsozialismus ist die Bezeichnung, welche sich die deutschen Faschisten zur Täuschung der gesamten Welt selbst gaben, so wie der sprichwörtliche Wolf, der in den Schafspelz schlüpft.

An dieser terroristischen Diktatur war nichts, absolut gar nichts sozialistisch, denn damit hatten die Faschisten nichts am Hut. Ihre Ideologie des Rassismus, die von ihnen betriebene Diskriminierung, Verfolgung, Unterdrückung und Ermordung von Millionen Menschen, der von ihnen angezettelte 2. Weltkrieg steht im krassesten Gegensatz zum solidarischen und kollektiven Miteinander aller Menschen in einer sozialistischen Gesellschaft.

Und national waren die Faschisten auch nicht. Nutznießer ihrer Machenschaften war nur eine kleine Clique. Die deutsche Nation interessierte sie nicht. Verantwortungslos überließen sie das deutsche Volk seinem Schicksal, als die Wende im 2. Weltkrieg eingeleitet wurde und alliierte Truppen die faschistischen Aggressoren vernichtend schlugen. So kam der Krieg an seinen Ausgangspunkt zurück.

Die gleiche Täuschung ist, wenn heute wieder der Begriff Nationalsozialismus anstatt Faschismus verwendet wird. Man lenkt damit erneut von den wahren Schuldigen ab. Wem nutzt es? Den wahren Schuldigen!

Die Hochfinanz hatte damals übrigens kein Problem mit dem Wort (national)"sozialistisch" im Namen der faschistischen Partei. Sie spendete überaus großzügig in diese Parteikasse! Damals wie heute: Großkapital und Hochfinanz sind geschworene und offene Feinde des Sozialismus. Und dann spenden sie Millionen für Sozialisten? Nein, so dumm sind die nicht! Sozialismus wollen die nicht, fürchten ihn und dreschen vielmehr mit allen Mitteln darauf ein. Der an Stelle des Begriffs Faschismus verwendete Terminus Nationalsozialismus ist eine Verharmlosung und Verschleierung des Faschismus. Zudem wird damit wahrheitswidrig die faschistische Diktatur mit einer sozialistischen Gesellschaftsordnung gleichgestellt. Und die Absicht hierbei? Mittels "Nationalsozialismus" zwischen Faschismus und Sozialismus angebliche Übereinstimmungen "entdecken", um den Sozialismus zu verleumden und als Gesellschaftsmodell undiskutabel zu machen! Dem muss entschieden widerstanden werden. In Wahrheit ist die kapitalistische Profitgesellschaft nicht mehr diskutabel, wie man täglich erleben kann!

Zitat

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!

Bertold Brecht über den Faschismus



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ




Copyright by ORTZ

Startseite