Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 3 + Nr. 08 + 1. August 2011

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. 10 Euro Mindestlohn! - 500 Euro Eckregelsatz!
  2. Auszüge aus der Rede vom 04.07.2011 bei der Demo am OdF-Denkmal

10 Euro Mindestlohn! - 500 Euro Eckregelsatz!

Die Erfahrung zeigt, man kommt mit Hartz IV nur etwa drei Wochen über die Runden. Hartz IV soll das Leben Betroffener unerträglich machen anstatt menschenwürdig, soll ihr "Schicksal" abschreckend wirken lassen. Ursachen der Arbeitslosigkeit sollen im Verhalten Betroffener bestehen anstatt in der kapitalistischen Ordnung. Das soll alle gefügig machen zur Akzeptanz prekärer Arbeitsverhältnisse. Es wird suggeriert, Arbeitslosigkeit sei im Kapitalismus vermeidbar, wenn Menschen zu Dumpinglöhnen arbeiten.

Manche behaupten, der Betrag von 500 Euro Eckregelsatz sei "aus der Luft gegriffen". Keinesfalls: Viele nehmen Ein-Euro-Jobs an, weil sie damit 120 Euro mehr bekommen; bei einem 400-Euro-Job verbleiben 160 Euro mehr. Auch der bis zum 31.12.2010 gezahlte Zuschlag für Betroffene, die aus dem ALG I ins ALG II fielen, belief sich auf max. 160 Euro zu insgesamt ca. 500 €. Diese Summe ist zumindest notwendig, um minimalste Lebensbedürfnisse zu sichern. Die Umsetzung der 500-Euro-Forderung könnte ansatzweise die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, Mangelernährung bessern und für einen erträglicheren Lebensunterhalt sorgen.

Ein Eckregelsatz von 500 Euro ermöglicht auch eine Ermittlung der Regelbedarfe anhand realer Bedürfnisse (statistischer Warenkorb). Bislang wird hierfür das von Unterversorgung und Dauermangel geprägte Ausgabeverhalten verarmter Menschen genutzt (Einkommens- und Verbrauchsstichprobe). Das gegenwärtige Hilfskonstrukt dieser Einkommens- und Verbrauchsstichprobe führt zu solchen Abstrusitäten, dass in die "Berechnung" des jetzigen Regelbedarfs von 364 Euro auch vier Bedarfsgemeinschaften einflossen, die nach eigenen Angaben nichts für Lebensmittel ausgegeben haben wollen.

Zweck von Hartz IV ist die Schaffung eines Geringlohnsektors.. Deshalb ist die Forderung nach 500 Euro Eckregelsatz kombiniert mit der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestbruttolohn von 10 €/h richtig. Das bedeutet konkret, dass Lohnarbeit unter dieser Marge unzulässig ist. Hartz IV indes verankerte gesetzlich, dass Löhne von mehr als einem Drittel unter Tarif bzw. ortsüblichem Lohn als zumutbar gelten. Das führt zur "Zumutbarkeit" von Löhnen sogar unter 4 €/h. Mit dieser Lohndrückerei muss endlich Schluss sein!

Gegner der Forderung nach 500 Euro Eckregelsatz sagen, man dürfe überhaupt keine Regelsatzforderung aufstellen, weil jede derartige Forderung Hartz IV anerkennt. Hartz IV sei doch aber unbedingt abzuschaffen. Die Forderung nach 500 Euro Eckregelsatz bedeutet jedoch keine Anerkennung von Hartz IV, sondern es werden lediglich die Ziele von Hartz IV bekämpft - Lohnraub und Sozialabbau. Der Ansatz ist, die mit Hartz IV geschaffenen Rahmenbedingungen gegen Hartz IV selbst zu richten.

Die Höhe der Regelsätze hat unbestritten indirekt maßgeblich Einfluss auf das Lohnniveau. Die Ablehnung von Regelsatzforderungen schwächt somit auch den Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 €/h. Die gegenwärtige Regelsatzhöhe wird von Günstlingen des Kapitalismus angegriffen, weil sie offenlegt, dass gegenwärtige Arbeitseinkommen häufig nicht die Lebenshaltungskosten Erwerbstätiger und ihrer Familien decken. Die Zahl der sog. "Aufstocker" stieg seit Einführung von Hartz IV stetig.

Hartz IV wurde gegen den Widerstand Hunderttausender durchgepeitscht und bedeutete die Beseitigung der Arbeitslosenhilfe sowie die Absenkung des Nachfolgers ALG II (Hartz IV) auf Sozialhilfeniveau. Die Wiederherstellung der Arbeitslosenhilfe kann aber nicht Ziel des Widerstands sein, da es oftmals auch nicht zur Deckung der Lebenshaltungskosten ausreichte. Das Bürgergeld der FDP ist ein massiver Versuch, Löhne weiter zu senken und durch steuerfinanzierte Lohnsubventionen zu ersetzen. Die Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens wollen eine völlige Umgestaltung der Einkommensquellen aller Menschen und geben so den notwendigen Kampf um heutige Veränderungen zugunsten einer Utopie auf. Auch da wird eine weitere Senkung des Lohnniveaus die Folge sein. Die vollständige Abschaffung der Sozialhilfe kann ebenfalls nicht erstrebenswert sein. Deshalb unterstützen wir die Forderung nach 10 €/h gesetzlichen Mindestlohn und 500 Euro Eckregelsatz!

Auszüge aus der Rede vom 04.07.2011 bei der Demo am OdF-Denkmal

Nun ist es also soweit. Unsere Befürchtungen - am 13. Dezember vergangenen Jahres an dieser Stelle ausgesprochen - sind eingetreten. Das wollten viele nicht glauben, leider auch nicht Mitglieder der Partei Die Linke. Wir hatten damals bereits die Hintergründe der Umgestaltung des Altmarktes benannt und sehen uns wieder einmal bestätigt. [...]

Zum heutigen Anliegen, nochmals mit allem Nachdruck:

Wir haben nichts gegen eine Sanierung des Friedensplatzes (Die Zeitzer könnten stolz sein, wenn der Platz noch den Namen Friedensplatz trüge, denn diesen schönen Namen trug er mehr als 40 Jahre!), aber alles gegen eine Umsetzung, Versetzung oder sonstige Beeinträchtigung dieses Denkmals, wie das in dem "Entwurf" des Herrn Därr vorgesehen ist. Ich weiß nicht, wer von euch die Entwürfe gesehen hat. Dazu bestand bis zum 30. Juni die Möglichkeit. [...] Nun schaut euch mal dieses Ensemble (Friedensplatz/Rathaus/OdF-Denkmal) an! Wo besteht denn hier Änderungsbedarf, was sieht denn hier schlecht aus? Eventuell dort hinten in der Ecke müsste etwas gemacht werden. Das rechtfertigt keine derart umfassenden Maßnahmen; aber an erster Stelle wird dieser "Grund" genannt.

Nein, es geht um etwas ganz anderes, nämlich um politische Motive. Denn man stellte damals das Denkmal ganz bewusst so dominant auf. Es soll die Menschen ständig an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte erinnern. Wer dieses Denkmal aber von seinem dominanten Platz auf dem Friedensplatz entfernen und somit aus dem Blickfeld rücken will, der will weiter aus dem Bewusstsein der Menschen rücken, wofür dieses Denkmal steht.

Wie bereits in "ORTZkunde spezial 3/2011"dargestellt, sollen faschistische Verbrechen in Vergessenheit geraten, Geschichtsfälschung ist politische Alltagspraxis in der Bundesrepublik.

Lasst deshalb keine Veränderungen am Zeitzer Denkmal für die Opfer des Faschismus zu, so schön die Begründungen auch klingen. Es wäre eine Verhöhnung der Opfer des Faschismus und des Anspruchs auf Menschenwürde.

Ich erinnere an die "Begründungen": 2,3 Millionen € sollen für den Umbau zur Verfügung gestellt werden. Lassen wir uns davon nicht irritieren.

Nach 1989 gab es bekanntlich mehrere Versuche, dieses Denkmal zu beseitigen bzw. es mit einer Inschriftsänderung zu verfälschen. "Den Opfern des Faschismus" sollte zu "Den Opfern von Faschismus und Gewaltherrschaft" mutieren. Da wurde die Katze aus dem Sack gelassen. Es ging gegen die DDR, um ihre Delegitimierung, wie es der damalige Innenminister Kinkel so wohlklingend formulierte. Diese Versuche blieben erfolglos, weil sich die damalige Vorsitzende der VVN in Zeitz - die inzwischen verstorbene Antifaschistin Herta Wolfsohn - als Überlebende des faschistischen Terrorregimes nachdrücklich entgegenstellte.

Nun - nach ihrem Tod - werden diese Versuche erneut und verstärkt unternommen. Nur werden subtilere (feinere) Methoden angewandt. Neben einer unerträglichen Geheimniskrämerei zur Umgestaltung des Altmarktes wird von Neugestaltung, Umsetzung des Denkmals und dergleichen gesprochen. Gestützt wird das von Jury-Entscheidungen, Expertisen, breiten öffentlichen Diskussionen und allem, "was dazu gehört" - freilich ohne in der Sache selber etwas ändern zu wollen. Natürlich keinesfalls ohne "ordentliche Beschlüsse. Auslobungen, Gutachten" - also alles, wie es sich nach "demokratischen" Gepflogenheiten gehört. Sogar eine Sitzung des Stadtrates wird sich nun auf Antrag der Partei Die Linke mit dieser Problematik am 07.07.2011 befassen. Nur am Ziel der Denkmalsverfälschung darf sich nichts ändern. Darauf bestehen sie.

Und die ersten Pflöcke auf dem Weg zu diesem Ziel sind schon eingeschlagen. Da verfasste ein Oskar Schmidt eine Schmähschrift zur Geschichte und Symbolik des OdF-Denkmals, in der ungestraft das Andenken der Opfer des Faschismus besudelt wird und in der unter anderem auch der Denkmalsschöpfer Robert Pfropf lügnerisch verleumdet und beleidigt wird. Dessen Tochter sah sich genötigt, die unverschämten Verleumdungen richtig zu stellen. Leider erstattete sie nicht Anzeige oder reichte zumindest Klage gegen Schmidt ein.

Die Lokalzeitung MZ führte Befragungen durch und veröffentlichte Leserbriefe. Daraus kann geschlossen werden, dass Mehrheiten sich gegen den "preisgekrönten" Entwurf des Herrn Därr und für den Erhalt des Denkmals am jetzigen Standort aussprachen. Wobei auch die Frage auftritt: Welche "Fachleute, Spezialisten und Sachverständigen" kürten Herrn Därrs Entwurf zum Siegerprojekt? Wer steckt dahinter? Vielleicht Frau Späte, die ihn aus Halle hierher führte? Sind das Sach- und Fachverständige der Machart, wie sie nach 1989 in Heerscharen über uns herfielen? Sollen für Frau Späte dann bei der Umsetzung der Vorstellungen des Herrn Därr etwa Aufträge abfallen?

Jawohl, wir müssen auch solche Zusammenhänge bedenken.

Eine Mehrheit der Hauptausschuss-Mitglieder versuchte, wie die MZ am 25. Juni berichtete, eine Vorentscheidung herbeizuführen: sie empfahlen dem Stadtrat, Herrn Därr mit den Planungen für die Umgestaltung zu beauftragen. Angeblich im Ergebnis der gemeinsamen Beratungen mit dem Bauausschuss, der jedoch dieses Ansinnen mit Mehrheit ablehnte. Davon jedoch kein Wort in der Zeitung. Handeln da einige Mandatsträger nach der Devise "Wessen Brot ich ess', dessen Lied ich sing"? Sie sollen ja angeblich in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig sein ...

Und weiter: Solche Bemühungen missachten grob und in mehreren Punkten das Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege vom 22.11.2010 an das Zeitzer Bauordnungsamt, in welchem strenge Auflagen für den baulichen Umgang mit dem Denkmal vorgegeben werden. Drei von vier dieser Leitlinien werden derzeit ignoriert. [...]

Abschließend noch einmal:

JA! zur Sanierung, Pflege und Erhalt des OdF-Denkmals und NEIN! zu Umbau, Umsetzung, "zeitgemäße Gestaltung" oder wie immer sonst genannte Veränderungen. Wehren wir uns mit ganzer Kraft, auch durch weitere Protestaktionen, gegen das geplante Schandvorhaben. Deshalb:

Hände weg vom OdF-Denkmal!!!

Vergeblich war jedoch dieser Appell an alle Stadträtinnen und Stadträte: "Bereitet am 7. Juli durch euer Gewissen, durch die Wahrnehmung eurer historischen Verantwortung den geplanten Maßnahmen eine Abfuhr!" Die Mehrheit entschied für Därr.



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ




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