Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 3 + Nr. 11 + 1. November 2011

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV, 2. Teil
  2. Bildungsrepublik Deutschland?
  3. Eine Einschätzung der UNO zum System Hartz IV
  4. Was kostet der Krieg in Afghanistan?
  5. Die Bundesrepublik und die Menschenwürde

Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV
2. Teil:

Ein Arbeitnehmer bucht im Februar eine Urlaubsreise für August. Im März erhält er die Kündigung zum 30. Juni. Da er die Anwartschaftszeit noch nicht erfüllt hat bekommt er kein Arbeitslosengeld I, sondern fällt direkt ins Arbeitslosengeld II. Er darf die Urlaubsreise antreten, da er sie gebucht hat, als er noch nicht arbeitslos war.

F A L S C H !!!

Die Dienstanweisung (DA) der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II führt unter der Randziffer (Rz) 7.63 aus, dass "die Zustimmung zu einer Ortsabwesenheit nicht erteilt werden kann, wenn in der Zeit der vorgesehenen Ortsabwesenheit eine berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung in Arbeit, in eine Ausbildungsstelle oder die Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme) des Hilfebedürftigen zu erwarten ist. Insoweit ist eine Prognoseentscheidung zu treffen".

Weiter ist in der DA ausgeführt, dass "in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit die Zustimmung nur in begründeten Ausnahmefällen erteilt werden soll, weil die Vermittlungschancen in den ersten Monaten der Arbeitslosigkeit erfahrungsgemäß am aussichtsreichsten sind. Da dem Leistungsberechtigten grundsätzlich jede Arbeit zumutbar ist, kommt eine Zustimmung innerhalb der ersten drei Monate des Leistungsbezugs nach dem SGB II nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Bucht ein Leistungsempfänger z.B. während des Bezugs von Arbeitslosengeld eine Urlaubsreise für einen Zeitraum, in dem er voraussichtlich SGB II-Leistungen beziehen wird, so stellt dies allein noch keinen anerkennenswerten wichtigen Grund dar".

Eigentlich schreibt Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor: "Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet". Allerdings schränkt Abs. 2 ein, dass "dieses Recht nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden darf, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist". Aufgrund dieser Einschränkung werden Leistungsberechtigte wie Schwerstkriminelle an ihren Heimatort "gekettet" und mit einer Art "Fußfessel" versehen.

Bildungsrepublik Deutschland?

Am 12. August 2008 rief die Kanzlerin die "Bildungsrepublik Deutschland" aus. Der jüngste OECD-Bericht - das ist die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - bezeugte abermals gravierende Mängel des deutschen Bildungssystems. Beispielsweise ist die Zahl Hochqualifizierter nur durchschnittlich gegenüber anderen Ländern. DGB-Viezechefin Ingrid Sehbrock äußerte sich enttäuscht über den OECD-Bericht und bezeichnete die geringen Bildungsausgaben als beschämend. Deshalb sei Deutschland weit von einer "Bildungsrepublik" entfernt. Die BRD rangiert, gemessen an den Bildungsausgaben, mit 4,8 % des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) von 36 Industriestaaten an 30. Stelle!

Auch andere internationale Vergleichsdaten zeichnen ein eher trostloses Bild der sogenannten Bildungsrepublik. So hat Deutschland seit 1960 von allen OECD-Ländern den geringsten Zuwachs an Hochqualifizierten. Besonders problematisch sind die geringen Ausgaben für die Kleinsten. Mit umgerechnet 5.900 US-$ pro Grundschüler und Jahr fallen Ausgaben dafür deutlich geringer aus als in den meisten OECD-Staaten, wo der Durchschnitt für jeden ABC-Schützen immerhin 7.200 US-$ beträgt. Vier skandinavische Länder, die USA und Österreich geben sogar zwischen 9.000 und 11.000 US-$ aus. Beim Spitzenreiter Luxemburg sind es sogar knapp 14.000 US-$ pro Grundschüler und Jahr. Deutschland gibt im internationalen Vergleich auch besondes wenig Geld für Kindergärten - also das vorschulische Bildungssystem - und Grundschulen aus. Und immer noch spielt auch die soziale Herkunft der Kinder eine zu große Rolle für ihren Bildungsweg. Generell ist also die angebliche Bildungsrepublik für benötigte Ausgaben entschieden zu geizig.

Cornelia Quennet-Thielen (Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung) sieht das natürlich alles ganz anders. "Wir sind noch nicht am Ziel (Unterstellung: Der Verblödung dieses Landes!), aber wir sind auf dem richtigen Weg."

Nein, das eben nicht. Denn die ganze Problematik hat 'was mit dem Bildungssystem zu tun und das versagt in dieser BRD. Taten für eine wirkliche Bildungsrepublik blieben aus. Stattdessen werden eben Milliarden für Banken-Rettung, Kreditzinsen sowie Afghanistan-Krieg verausgabt. Das bekannte Bibelzitat "Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" müsste hinsichtlich unseres Bildungssystems geändert werden in "Herrgott vergib ihnen nicht (und wir erst recht nicht), denn sie wissen genau was sie tun!"

Eine Einschätzung der UNO zum System Hartz IV

Ein interessantes Dokument konnte man dazu im Internet finden. Vom 2. bis 20. Mai dieses Jahres fand in Genf eine Sitzung des UNO-Ausschusses über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte statt. Dieser Ausschuss überprüft immer mal die Verhältnisse in den Vertragsstaaten, soweit sie in seine Zuständigkeit fallen. Auch die BRD ist Vertragsstaat. Und da finden sich im Punkt 19 über Deutschland folgende Feststellungen, die eigentlich alles Notwendige aussagen:
Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe des Vertragsstaates - einschließlich der Verpflichtung für Empfänger von Arbeitslosengeld, "jede zumutbare Arbeit" anzunehmen, was in der Praxis fast als jede Arbeit interpretiert werden kann - sowie der Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger Arbeit, zu Vertragsverletzungen in Art. 6 und 7 führen könnten. (Art. 6, 7 und 9)

Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dazu auf, sicherzustellen, dass seine Systeme zur Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung seiner oder ihrer Wahl ebenso wie das Recht auf angemessene Entlohnung respektiert.
Und das stammt mal nicht von Montagsdemonstranten, sondern von der UNO - und unsere Herren berufen sich doch sehr gern auf die UNO. Frau Merkel ist zu fragen: Was gedenken Sie nun zu tun, um den von der UNO kritisierten Zustand abzustellen?

Was kostet der Krieg in Afghanistan?

Da lagen wir im großen Krieg der Räuber,
und drüben lagen die gleichen dreckigen Leiber,
Arbeiter wie wir. Da haben wir gedacht,
Das ist nicht unser Krieg, nicht unsere Schlacht.
(Zitat aus der Proletenpassion, Österreich 1976)

Dieser Krieg wird heutzutage als Kampf zur Verteidigung der Freiheit hochgejubelt. Doch in Wahrheit wird von westlicher Seite keine Freiheit verteidigt. Sondern da kämpfen gekaufte Söldner ohne Moral, die sich nur nach der Bezahlung richten.

Es ist erkennbar, die Bundesregierung manipuliert auch diesbezüglich und das für den Afghanistankrieg verwendete Geld wird kleingerechnet. In den vergangenen 10 Jahren kostete der Afghanistankrieg rund 17 Milliarden €, das Dreifache der offiziell genannten Summe! Bis 2014 soll der ganze Krieg weitere 5 Milliarden € kosten. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wie "errechnet" die Bundesregierung aber eine niedrigere Summe? Indem Kosten für Material, Personal und Infrastruktur nach Möglichkeit nicht einbezogen werden! Insbesondere werden soziale Kosten für - z. B. verwundete Soldaten - herausgerechnet. Diese Zahlen nennt das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW). Es ist anzunehmen, dass in diesem bekannt arbeitgebernahen Institut keine Linken oder gar Kommunisten Chefposten bekleiden; auch eine "Unterwanderung" durch Kommunisten oder durch ehemalige Stasi-Mitarbeiter ist äußerst unwahrscheinlich. Also darf man wohl solche Zahlen eines solchen Wirtschaftsinstituts als korrekte Zahlen ansehen und ihnen mehr Glauben schenken als dieser Bundesregierung.

Die Bundesrepublik und die Menschenwürde

Wir protestieren gegen die ständige Verletzung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Menschenrechte durch die Bundesrepublik Deutschland.

Die von der UNO z. B. beschlossene "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948)" sowie die "Menschenrechtskonvention (1966)" und auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland werden nicht eingehalten bzw. ausgehöhlt.

Millionen Arbeitslose sind des Rechts auf Arbeit beraubt. Das Recht auf gleiche Bildung, der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Gleichheit vor dem Gesetz, auf freie Wahl des Berufes und freien Zugang zu öffentlichen Ämtern wird fortlaufend verletzt. Das Recht auf Leben und Gesundheit, auf Frieden und Völkerverständigung wird durch hemmungslose Rüstungspolitik, Antikommunismus und steigende Kriminalität ständig verletzt bzw. gefährdet.

In dieser bürgerlichen Gesellschaft dienen die Menschenrechte der Schaffung von politischen Bedingungen, in denen nur die kapitalistischen Eigentümer ihre Herrschaft frei entfalten können.

Das sind jedoch gleichermaßen schwere Verstöße z. B. gegen den Artikel 1 des Grundgesetzes in dem es heißt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt".

Mit unserer Forderung nach sofortigem Abzug der Bundeswehr von allen Kriegsschauplätzen der Welt, unserem Protest gegen Militarisierung der Politik, sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung, Bildungsnotstand und Medienterror unterstützen wir die Vorbereitung eines Tribunals gegen die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012.



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ




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