Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 4 + Nr. 04 + 2. April 2012

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV, Teil 7
  2. Hartz-IV-Empfänger zum Psychiater? - Bei Weigerung drohen Sperrzeiten
  3. Nie ohne Beistand zum Jobcenter
  4. Schleifung des Zeitzer Mahnmals für die Opfer des Faschismus

Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV
7. Teil:

Der Ehemann ist als Monteur bundesweit im Einsatz und er bekommt von seinem Arbeitgeber Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der steuerfreien Höchstbeträge (6 &euro bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden, 12 &euro bei einer Abwesenheit von mehr als 14 Stunden, 24 &euro bei einer Abwesenheit von 24 Stunden). Da es sich hierbei um Aufwandsersatz handelt, wird die Auslöse nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II angerechnet.

F A L S C H !!!

In der Wissensdatenbank der BA für Arbeit ist unter Eintrag Nr. 10032 zu § 11 SGB II ausgeführt: "Die Auslöse ist als Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Mit der Zahlung einer Auslöse soll berufsbedingter Aufwand für Verpflegung und Übernachtung (z.B. bei Berufskraftfahrern) abgedeckt werden, sie dient somit überwiegend dem gleichen Zweck wie das ALG II.

Daher ist die Auslöse als Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Sofern die Auslöse dazu dient, einen Mehraufwand auszugleichen, wird dieser Zweckbestimmung dadurch Rechnung getragen, daß vom Gesamteinkommen (Arbeitseinkommen + Auslöse) neben den weiteren Absetzbeträgen des § 11 SGB II alle berufsbedingten Mehraufwendungen als Werbungskosten gem. § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II in Abzug gebracht werden können.

In Betracht kommen Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwand (pauschal 6 &euro bei mindestens 12-stündiger Abwesenheit), Aufwendungen zur Körperpflege bei Nutzung öffentlicher Einrichtungen auf Autobahnrastplätzen, sonstige Mehraufwendungen, die bei Ausübung der Beschäftigung am Wohnort nicht entstünden.

Die Tatsache, daß Spesen nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sein können, steht der Berücksichtigung als Einkommen nicht entgegen. Denn im Steuerrecht werden Einnahmen aus ganz unterschiedlichen Gründen privilegiert (z. B. haushaltspolitische, lenkungspolitische oder umweltpolitische Gründe)."

Erhält ein Arbeitnehmer also für den Montag und den Freitag von seinem Arbeitgeber 12 &euro je Tag und für den Dienstag bis Donnerstag 24 &euro je Tag als Auslöse - insgesamt also 96 &euro in der Woche, so ist dieser Betrag Einkommen i. S. d. § 11 SGB II. Lediglich um 6 &euro je Tag - also um 30 &euro in der Woche - darf er jedoch sein Einkommen mindern.

Hartz-IV-Empfänger zum Psychiater?
Bei Weigerung drohen Sperrzeiten

Nach mehreren Nachfragen der Abgeordneten Katja Kipping räumte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage (BT-Drs. 17/8846) ein, daß Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld oder Hartz IV-Leistungen sich unter Androhung von Sperrzeiten bzw. Sanktionen amtsärztlichen bzw. psychologischen Untersuchungen unterziehen müssen.

"Dieser Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen ist nicht hinnehmbar. Die Zwangspsychiatrisierung von Menschen kennt man gemeinhin nur aus diktatorischen Systemen. Das sollte eigentlich ausreichen, die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter davon abzuhalten, Erwerbslose und Menschen mit geringem Einkommen unter Androhung der Kürzung von Mitteln der Existenzsicherung ärztlichen und psychologischen Diensten zuzuführen. Die Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld und Sanktionen bei den Grundsicherungen sind sofort abzuschaffen", erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Kommentar einer Betroffenen:
"Ich mußte wegen dem Herzen und meinem kaputten Knie, mit sämtlichen Arztunterlagen zur amtsärztlichen Untersuchung. Dort mußte ich mich (im Arbeitsamtsgebäude) komplett nackt ausziehen und mußte nackt mich vorbeugen und die Ärztin hat sich sogar meine Intimzone angeschaut, meine Brüste abgetastet und jeden Zentimeter meines Körpers begutachtet! Das war sowas von peinlich und unangenehm! Ich habe mich so sehr geschämt, wäre am Liebsten weggelaufen... Dann hätten sie mir aber wohl die Leistungen gekürzt...

Ich kam mir vor wie ein Verbrecher oder Drogenabhängiger! Dabei bin ich Mutter von 2 Kindern und erst seit 1,5 Jahren ohne Arbeit (was schlimm genug ist) und dann das!!!

Ich fand das sehr entwürdigend!"
 Quelle: Hannover Zeitung

Nie ohne Beistand zum Jobcenter

Warum es wichtig ist, bei schwierigen Gängen zur Hartz-IV-Behörde einen Beistand mitzunehmen.

Welcher Alg II-Empfänger kennt das nicht? Der einsame Gang zum Jobcenter ist nicht selten verbunden mit unsinnigen Maßnahmen, Sanktionen, Hilfevereitelung, etc. Bestenfalls droht Langeweile, schlimmstenfalls die Einstellung der Leistung.

Das muß nicht so sein! Sucht euch Beistand und leistet Beistand! Niemand zwingt uns, alleine diese oder ähnliche Dinge (ärztlicher Dienst, Jobbörse) zu erledigen. Ganz im Gegenteil. Das Sozialgesetzbuch X sagt eindeutig: "Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen." § 13 Abs. 4 SGB X: Bevollmächtigte und Beistände.

Auch mehrere Beistände möglich

Dabei bezieht sich der Ausdruck "ein Beistand" nicht auf die Anzahl der Begleitpersonen (Prof. Dr. Wannagat, Präsident des Bundessozialgerichts a.D. [Hrsg.], Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Recht des Sozialgesetzbuchs , 100. Ergänzungslieferung, Februar 2006, S. 4 bzw. 8. Dies ist der derzeit einzige diesbezügliche Kommentar). Denn manchmal ist es sehr sinnvoll, mehr als eine Person mitzunehmen. Vor allem, wenn man wiederholt zu zweit nichts erreicht.

Jeder kann Beistand leisten

Grundsätzlich kann jeder Beistand leisten. Man sollte jedoch Verwandte und Familienangehörige nur im Notfall bemühen, da sie geringere Beweiskraft besitzen und auch oft emotional zu sehr eingebunden sind. Gefühle sollte höchstens gegenüber dem Hartz-IV-Betroffenen geäußert werden und nicht gegenüber einem Jobcenter-Sachbearbeiter.

Immer vorbereiten

Der Beistand muß sich vor dem Termin vorbereiten. "Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht." (SGB X, § 13 Absatz 4) Jeder bereitet sich auf seine Weise vor. Das ist Geschmackssache. Manche Beistände suchen sich Gesetzesgrundlagen und Erfahrungsberichte aus Erwerbslosenforen z.B. Elo-Forum, Tacheles, Hartz IV Forum etc. Es gibt auch gute und übersichtliche Bücher, die helfen, z. B. der Leitfaden Alg II/Sozialhilfe oder einfach der eigene Erfahrungsschatz ("Fingerspitzengefühl"). Deshalb sollte man vor dem Termin genau absprechen, welches Ziel erreicht werden soll (z. B. Abwendung von Sanktionen oder 1-Euro-Job, Barzahlung, Antragsabgabe, etc.).

Vorher informieren

Auch Teilziele (wie ein realistischer Abschlag) oder der eigene Verhandlungsspielraum sollten vorher besprochen werden. Erfahrungsgemäß ist die Lektüre von Gesetzen meist nur bei sehr komplexen Fällen notwendig. Aber man sollte sich seiner Rechtslage inhaltlich sicher sein. Während der Beistand nur bei Abwesenheit des Betroffenen eine Vollmacht benötigt, muß das Jobcenter den Beistand schriftlich zurückweisen (SGBX, § 13 Absatz 7). Manchmal versuchen Jobcenter-Mitarbeiter den Betroffenen vom Beistand zu isolieren. Das dürft ihr NIEMALS zulassen!

Protokoll führen

Ratsam ist es auch, beim Jobcenter-Besuch ein Protokoll zu führen. Schnell werden Details entscheidend, wenn es um beispielsweise die Auszahlung der ALG-II-Leistung geht.

Aber Tonaufnahmen sind strafbar!

Nicht abwimmeln lassen!

Sehr wichtig ist, sich während des Termins nicht abwimmeln zu lassen, sondern sachlich Recht zu fordern! Dabei ist Recht manchmal Verhandlungssache. Deshalb ist Vorbereitung so wichtig. Wenn man beim Sachbearbeiter auf taube Ohren stößt, zur Beschwerdestelle gehen oder nach dem Teamleiter fragen. Falls der nicht selbst kommt, zu ihm gehen (Namen und Zimmernummer erfragen!) Wenn man hier nichts erreicht, den Standortleiter erfragen.

Nichts sofort unterschreiben - immer Bedenkzeit fordern

Grundsätzlich sollte man beim Jobcenter-Besuch nichts sofort unterschreiben, sondern immer um Bedenkzeit bitten. Ihr befindet euch in Vertragsverhandlungen, vergleichbar mit dem Abschluß eines Miet- oder Arbeitsvertrages. Die einzige Ausnahme bildet dabei die Quittung bei Barauszahlung.

Immer Kopie verlangen

Sollen Schriftstücke unterschrieben werden, immer um eine eigene Kopie bitten. Möchtet ihr ein Schriftstück abgeben, immer um eine unterschriebene Eingangsbestätigung bitten. Am besten geht man dafür zu den jeweiligen Poststellen der Jobcenter.

 Quelle: Fürther-Erwerbslosen-Initiative

Schleifung des Zeitzer Mahnmals für die Opfer des Faschismus

Dieses Mahnmal erinnert an die Menschheitsverbrechen des international geächteten Faschismus. Während die rechtsextremistische Szene immer dreister wird und sogar politisch motivierte Mordverbrechen aufgedeckt wurden, setzt man in Zeitz ein fatales Signal.

Die im Laufe der Jahre sanierungsbedürftig (Roststellen) gewordene Figurengruppe des Mahnmals wurde am 13.03.2012 demontiert und für den Transport zur Reparatur nach Lauchhammer transportiert. Sie soll 2013 im Zuge der "Sanierung" des Altmarktes an anderer Stelle wieder aufgestellt werden.

Was jedoch unmittelbar nach der Demontage geschah, kann man aber nur als einen Akt der Barbarei bezeichnen. Denn sofort danach wurde der Schriftzug "DEN OPFERN DES FASCHISMUS" mit einem Trennschleifer vom Sockel des Mahnmals entfernt.

OB Kunze (FDP) fand das OK und erklärte dazu als Antwort auf eine Bürgerfrage: "Es wirkt auf Gäste von Zeitz makaber, wenn sie den Schriftzug auf dem leeren Sockel sehen."

Wer glaubt diese Behauptung? Wir meinen, das ist ein Schlag ins Gesicht jener Opfer, zu deren Gedenken dieses Mahnmal aufgestellt wurde und fordern daher: Wiedererrichtung des OdF-Denkmals am gleichen Ort mit gleicher Inschrift und gleicher Dominanz sowie die Installation einer Übergangslösung für ein unterbrechungsfreies Gedenken!



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


Termine:

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