Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 4 + Nr. 05 + 1. Mai 2012

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV, Teil 8
  2. Mindestlohn-Forderungen zum 1. Mai
  3. Die militärische Nutzung des Zeitzer Forstes muß enden!

Die größten Irrtümer im Zusammenhang mit Hartz IV
8. Teil:

Der Ehemann ist als Monteur bundesweit im Einsatz und er bekommt von seinem Arbeitgeber Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der steuerfreien Höchstbeträge (6 &euro bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden, 12 &euro bei einer Abwesenheit von mehr als 14 Stunden, 24 &euro bei einer Abwesenheit von 24 Stunden). Da es sich hierbei um Aufwandsersatz handelt, wird die Auslöse nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II angerechnet.

F A L S C H !!!

Die DA der BA für Arbeit zu § 11 SGB II führt unter der Rz 11.150 aus, daß "davon auszugehen ist, daß im Regelfall ohne weitere Prüfung mindestens eine Familienheimfahrt im Kalendermonat erforderlich i. S. d. § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II ist. Bei Verheirateten ... können in Anlehnung an reisekostenrechtliche Regelungen zwei Familienheimfahrten monatlich als erforderlich anerkannt werden. Absetzbar sind Kosten max. in Höhe der Aufwendungen, die sich bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die 2. Wagenklasse unter Ausnutzung bestehender Tarifvergünstigungen ergeben."

Die BA für Arbeit geht also davon aus, daß bei verheirateten Monteuren nur zwei monatliche Familienheimfahrten "erforderlich" sind und erkennt nur diese im Regelfall an.

Mindestlohn-Forderungen zum 1. Mai

Warum zehn Euro Mindestlohn brutto und lohnsteuerfrei, aber sozialabgabenpflichtig?

Die Bundesregierung muß diesen Mindestlohn endlich einführen. In den Benelux-Ländern, in England und Frankreich gibt es schon längst gesetzliche Mindestlöhne, ohne daß deren Volkswirtschaften deswegen zusammengekracht wären. Beim "Exportvizeweltmeister" muß ein Mindestlohn gezahlt werden, der deutlich über dem der wirtschaftlich schwächeren Nachbarn liegt. Damit würde gegen den dauernden Lohndruck eine erste Grenze gesetzt und ein Lohn gesetzlich bestimmt, der für eine alleinstehende Arbeitskraft knapp über der Armutsgrenze liegt. Nicht nur mehr Netto, auch mehr Brutto ist nötig. Das zur Losung: "Arbeit muß sich wieder lohnen ."

Beispiel:
Bei zehn Euro brutto und einer 38,5 Stundenwoche hat Frank Müller 1.670 Euro brutto bzw. 1.169 Euro netto (ohne Kirchensteuer). Damit kann er halbwegs auskommen, wenn er bescheiden ist, sich weder Auto noch Urlaub leistet und auf eine Familie mit Kindern verzichtet. Das durchschnittliche Hartz IV-Niveau ei nes Vollzeitbeschäftigten beträgt zur Zeit offiziell 1.032 Euro: 374 Euro Eckregelsatz plus äußerst preiswerten 358 Euro Warmmiete plus 300 Euro Freibetrag für Erwerbstätigkeit. Aber bei realistischer 500 Euro Warm miete läge Frank schon wieder auf dem Hartz IV-Niveau.



Aber: Hartz IV reicht nicht

374 Euro für den Lebensunterhalt bedeuten gesellschaftliche Isolation und Mangelernährung. Deshalb sind wir für eine Erhöhung des Eckregelsatzes auf mindestens 500 Euro. (Broschüre dazu: www.500-euro-eckregelsatz.de) Unter dieser Voraussetzung erhöht sich das durchschnittliche Existenzminimum eines Erwerbstätigen auf 1.158 Euro (500 plus 358 plus 300 - siehe oben). Das entspricht dem Nettolohn bei einem gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro brutto.


Die militärische Nutzung des Zeitzer Forstes muß enden!

700 Demonstranten (das sechsfache des Vorjahres) erschienen an diesem schönen Ostermontag, um gegen die im Zeitzer Forst auf dem Truppenübungsplatz geplante Schießanlage zu demonstrieren. Die Demonstranten kamen aus den umliegenden Gemeinden und Städten und aus dem angrenzenden Thüringen. Auch Montagsdemonstranten aus Zeitz beteiligten sich wie in den vergangenen Jahren an dieser Protestveranstaltung.

Die Bürgerinitiative "Kein Schuss im Zeitzer Forst"hatte die Protestdemonstration organisiert. Zu den Rednern gehörten u. a. Dieter Kmietzcyk (Zeitzer Alt-Oberbürgermeister), Uwe Kraneis (Bürgermeister der Gemeinde Gutenborn), Landtagsabgeordnete der Grünen, ein Vertreter des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) und Anwohner.

Einige einflußreiche Personen des öffentlichen Lebens waren zur Protestveranstaltung ausdrücklich und in Person geladen: Harri Reiche (Landrat des Burgenlandkreises), Dr. Volkmar Kunze (derzeitiger Zeitzer OB), Arnd Czapek (Landtagsabgeordneter der CDU für den BLK). Keiner von ihnen erschien! Plakate informierten alle Teilnehmer hierüber.

Dieter Kmietzcyk eröffnete wie jedes Jahr die Protestveranstaltung und begrüßte die Demonstranten. Uwe Kraneis verdeutlichte das Anliegen der betroffenen Gemeinden und erläuterte Zusammenhänge. Der Vertreter des BUND hob die Bedeutung des Zeitzer Forstes als Heimat bedrohter oder seltener Pflanzen- und Tierarten hervor und lehnte Bundeswehraktivitäten in dem Gelände grundsätzlich ab. Zur dort geplanten massiven Schießausbildung zitierte er mit großer Zustimmung der Teilnehmer"Soldaten sind Mörder" (Tucholsky). Nicht ganz zustimmen mochten manche Zuhörer den Ausführungen einer älteren Anwohnerin. Sie beklagte den seinerzeit von russischen "Besatzern" verursachten "unheimlichen Lärm" und dessen nun von der Bundeswehr beabsichtigte Fortsetzung. Ein ebenfalls älterer Zwischenrufer meinte dazu: "Wären wir nicht in Rußland gewesen, wären sie nicht hier gewesen!"

Ein Aktivist legte dar:
Im Vorbereitungsgespräch zur heutigen Veranstaltung wurden wir von den Vertretern der BLK-Verwaltung darauf hingewiesen, daß wir "... in einem Rechtsstaat leben, in diesem herrschen bestimmte Regeln und Gesetze und an diese haben auch Sie sich zu halten. Punkt!"

Das ist für uns unbestritten!

Die Genehmigung zu dieser Schießanlage ist genau durch diese BLK-Verwaltung ergangen - und zwar ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne Einbeziehung der Naturschutzverbände! Allein das ist schon problematisch.

Wir haben das gesamte Verfahren von Experten nicht nur juristisch prüfen lassen, die Ergebnisse sind dementsprechend ernüchternd.

Die Gutachten und Prognosen zur Genehmigung sind mangelhaft, widersprüchlich, z. T. methodologisch und in ihren Aussagen falsch und auch teilweise nicht nachvollziehbar; summa summarum sind die Ergebnisse nicht belastbar.

Zitat der Widerspruchsbegründung durch Prof. Dr. Alexander Schmidt: "Die oben bezeichnete Schießanlage war nicht genehmigungsfähig!"

Dennoch wurde genehmigt, mit größtmöglicher Intransparenz und gegen die Interessen tausender Bewohner um den Zeitzer Forst sowohl hier in Sachsen-Anhalt als auch auf thüringischem Gebiet.

Zumindest ein Anfangsverdacht ist berechtigt, daß das Ziel politisch vorgegeben war!

Wenn wir also diese Verfahren an rechtsstaatlichen Kriterien reflektieren, müssen wir zu dem Ergebnis kommen, daß hier der Rechtsstaat arg in Bedrängnis kommt, wenn er nicht gar bereits gebeugt wird!

Im Hinblick auf diesen unseren demokratischen Rechtsstaat ist auch das Agieren und Verhalten der Bundeswehr (BW) bzw. einzelner Vertreter der BW als teilweise sehr problematisch zu bewerten.

Nur einige Beispiele:
  • das Betretungsverbot für den militärischen Bereich wird mit Munitions-Altlasten begründet. Das ist schlichtweg falsch! Das Areal wurde sogar über den militärischen Bereich hinaus munitionsberäumt, für ca. 20 Mio. Euro!

  • den Vogel schoß allerdings vor einigen Wochen Herr Werner von der BW in Weißenfels ab: vor den ZDF-Kameras setzte er den zu erwartenden enormen Schießlärm mit dem Surren eines Kühlschrankaggregats gleich. Und das bei ca. 29.000 Schuß am Tag! Das ist vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit!

  • rechtsstaatlich brisanter ist allerdings die Tatsache, daß gewählte Kommunalpolitiker seit Jahren durch Vertreter der BW beeinflusst, ja meinungskorrumpiert werden.

Und einige Kommunalpolitiker wollen dieses skandalöse Vorhaben der BW gegen die Interessen der Mehrheit der hiesigen Bevölkerung durchsetzen!

Zum Beispiel wurden aus der Bürgerfragestunde der Verwaltungsgemeinschaft Droyßig/Zeitzer Forst (VG Droyßig/ZF) vor einigen Wochen 11 Einwohner von Lonzig einfach hinausgeworfen.

Die sich hier abzeichnenden autoritären politischen Strukturen haben auch diejenigen vor einigen Tagen schmerzlich zu spüren bekommen, deren Kinder in die Grundschule in Wetterzeube gehen.

Es waren auch hier die gleichen handelnden Akteure, nämlich die der Droyßiger CDU-Fraktion. Namentlich die Herren Heiko Arnold, Steffen Kühn und Arnd Czapek!

Das demokratische, verfassungsbegründete Rechtsstaats-Prinzip, der politische Willensbildungsprozess von unten, Wählerauftrag und Gemeinwohlorientierung werden von diesen Leuten mit Füssen getreten, ja geradezu stranguliert.

Liebe Einwohner der VG Droyßig/ZF, daran sollten Sie bei der nächsten Wahl denken!

Abschließend ein Zitat:

Der gegenwärtig einflußreichste deutsche Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas stellte fest:

"...der Rechtsstaat ist ohne radikale Demokratie nicht zu haben und nicht zu erhalten!"

Anschließend war geplant, die Demonstration durch den von der Bundeswehr genutzten Teil des Zeitzer Forstes zu führen. Die Genehmigung wurde jedoch nicht erteilt. Eiligst wurden am Vortag Warnschilder angebracht mit dem Hinweis auf im Boden lagernde Altmunition. Diese Schilder hingen auch am Rande jener Gebiete, welche bereits aufwendig von Altmunition beräumt wurden. Es sollte wohl Angst vor dem Betreten des Geländes erzeugt werden. Auf kommende Proteste wird das aber hoffentlich keine Auswirkungen haben.

Der Demonstrationszug bewegte sich die Straße nach Breitenbach entlang, unternahm einen Abstecher auf die Wanderwege des frei zugänglichen Teils des Zeitzer Forstes und endete auf dem Kinderspielplatz, wo bereits die Veranstalter eines kleinen Volksfestes auf die Demonstranten warteten.

Fazit:
Die starke Zunahme aktiver Demonstranten steigert die Chancen auf einen von militärischer Nutzung wieder freien und uneingeschränkt zugänglichen Zeitzer Forst. Von Ausdauer, Geduld und Standhaftigkeit der Menschen hängt ab, ob zum Wohl der Allgemeinheit dieses Ziel erreicht wird. Daher unser Aufruf: Weiter so!

Weblink: "Kein Schuss im Zeitzer Forst"



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


Termine:

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