Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 4 + Nr. 07 + 2. Juli 2012

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Hartz IV ist der Angriff auf uns alle!
  2. Den Klassenkampf von oben an unserem Widerstand scheitern lassen!
  3. Die Mehrheit muß ihr Interesse gemeinsam durchsetzen!
  4. Eine rote Linie konkreter Forderungen!

Hartz IV ist der Angriff auf uns alle!

Wie kam und wie kommt es dazu? Keineswegs im Selbstlauf, sondern indem wesentliche politische Kräfte diese Entwicklung einleiteten, betrieben und beschleunigten. Gewiß auch nicht zufällig, denn welche aktiven oder ausgeschiedenen Politiker sitzen auf hochdotierten Aufsichtsratsposten, auf Posten jener gleichen Unternehmen, welche enorm von dieser Entwicklung zu Lasten der Arbeitenden profitieren? Von Anbeginn sagten Kritiker den Hartz-Gesetzen ihre dann tatsächlich eingetretenen Auswirkungen voraus: Lohn- und Sozialabbau, Zunahme nicht existenzsichernder Arbeitsplätze. Diesen Zusammenhang jedoch bestritten und bestreiten bis heute die Nutznießer und ihre willigen Helfer in Politik und Verwaltung.

Ständige Profitmaximierung ist ein kapitalistisches Grundprinzip, dem bei Strafe des Untergangs sich kein Kapitalist entziehen darf! Dieses Prinzip wirkt und herrscht willensunabhängig und jederzeit im Kapitalismus. Konkrete Ausformungen des Prinzips der Profitmaximierung, hier also z. B. die schändlichen Hartz-Gesetze, werden jedoch gezielt angestrebt und betrieben. Und Profitmaximierung mindert die Einkommen unselbständig Beschäftigter; als Kettenreaktion schließlich auch die Einkommen kleiner bis mittlerer Selbständiger.

Eine gegenteilige Entwicklung könnte ohne volkswirtschaftlichen Schaden verlaufen. Stattdessen könnten Kaufkraft, Beschäftigungssituation und Investitionen wieder anwachsen. "Schaden" von einer solchen besseren Gesamtentwicklung hätte nur die winzige Minderheit von Profiteuren der momentanen Entwicklung!

Die verhängnisvolle Abwärtsspirale bei den Masseneinkommen einschließlich der Einkommen sehr großer Teile des "Mittelstandes" bis weit hinein in Kreise akademisch gebildeter Selbständiger, teilweise schon mit realen Verarmungs-, Verelendungs-, Abstiegsängsten, ist sowohl allgemein wie individuell schädlich, auch unter gesundheitlichen Aspekten. Die Opfer dieser Manipulationen zählen nach Millionen. Hinzu kommen potentiell Gefährdete. Dies alles schafft objektiv eine einheitliche gemeinsame Interessenlage der vielen Geschädigten oder Bedrohten gegenüber der winzigen Minderheit von Nutznießern und gedungenen Helfern.

Den Klassenkampf von oben an unserem Widerstand scheitern lassen

In Wahrheit geht es nicht um moralische Anklagen, um Hinweise auf "Gier" oder auf Ungerechtigkeiten. Es geht stattdessen um Kapitalerträge und Leistungsanspruch auf der einen Seite, Leistungsvergütung und Existenzsicherung auf der anderen. Die Arbeit ist gesellschaftlich organisiert, die Gewinnaneignung ist privatisiert! Diese Organisationsstruktur wird dennoch gern, aber unzutreffend, als Leistungsgesellschaft bezeichnet. Aber bei 1 % der deutschen Bevölkerung häufen sich 35,8 % aller Vermögen. Die Einkommensverteilung wird sich ähnlich darstellen. Sollte das leistungsgerecht sein?

Erbringt dieses eine Prozent unserer Gesamtbevölkerung auch 35,8 % aller volkswirtschaftlichen Leistungen, wie es ihr ebenso hoher Vermögensanteil suggeriert, wie auch die anzunehmende Einkommensverteilung es nahelegt? Und welche Leistungen werden denn mit Einkommen in z. T. mehr- bis vielfacher Millionenhöhe derart üppig honoriert?

All dem gegenüber steht, auch infolge moderner Arbeitsplätze und -verfahren, ein sinkender prozentualer Lohnanteil an den gesamten Fertigungskosten - derzeit liegt dieser Lohnanteil unter 15 %! Die starken Preissteigerungen sind demnach mit Lohnsteigerungen nicht erklärbar! Womit wohl dann? Hinzu kommt die rapide Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse, von Werkverträgen, von nicht existenzsichernden und unmittelbar staatlich unterstützten Arbeitseinkommen, von subventionierten Arbeitsplätzen. Das alles sind bekannte Fakten. Auch die Kapitalerträge von 20 - 30 % bei Großkonzernen sind nicht unbekannt. Unbekannt sind die Gewinne der Zeitarbeitsbranche. Warum wohl werden sie als Geheimnis streng gehütet?

Die Mehrheit muß ihr Interesse gemeinsam durchsetzen!

Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist durch die oben beschriebenen Entwicklungen nachteilig betroffen und befindet sich mehr und mehr in einer schon stattfindenden oder drohenden Verelendungsspirale. Aber nur eine Minderheit von ihnen erkennt ihre gemeinsame Interessenübereinstimmung.

Deshalb wird Einmütigkeit auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen sein.

Dafür ist das Anliegen 500-10 gut geeignet. Nachteilige Auswirkungen haben nur die oben erwähnten Nutznießer und ihre Mithelfer zu erwarten. Demgegenüber steht die wachsende Riesenzahl der von der gegenwärtigen Sachlage nachteilig Betroffenen sowie der potentiell Gefährdeten. Die verhängnisvolle Lohnabwärtsspirale, der Unterbietungswettbewerb und Unterbietungsdruck bei den Einkommen arbeitender Menschen aller Qualifikationen und Fachbereiche wird damit unterbrochen oder zumindest abgemildert, ohne allerdings damit den systemimmanenten Zwang zur Profitmaximierung grundsätzlich aufzuheben. Nur den gröbsten Auswirkungen dieses Zwanges wäre mit 500-10 eine Grenze gesetzt. Auch die inflationäre Preisentwicklung ist selbstverständlich noch zusätzlich zu berücksichtigen, gegenwärtig wie zukünftig.

Neben dem volkswirtschaftlichen hat dieses Problem auch einen humanitären Aspekt. Hier, im anonymisierten gesellschaftlichen Bereich, ist nun auch von einem moralischen Anspruch zu sprechen, von der gesellschaftlichen Moral. Derzeit leben sehr viele Menschen in ständiger Zukunftsangst, nicht wenige Menschen sind als Gruppe ausgegrenzt. Wollen wir in einer zerstörerischen Angstgesellschaft leben? Wie wollen wir uns definieren?

Deshalb muß allen Versuchen widerstanden werden, diese Bewegung 500-10 aufzuweichen und abzuschwächen. Vielmehr müssen ständig mehr Befürworter gewonnen werden, um es schließlich durchzusetzen. Das wird angesichts systemischer Gründe wie mächtiger gegenläufiger Interessen schwer sein, aber alles andere wäre kontraproduktiv.

Wollen wir die gesellschaftliche Ausgrenzung schuldlos in Not geratener Menschen? Wollen wir soziale Not und Unsicherheit für diese Menschen? Wieviel muß und soll ein Mensch haben, um gemessen an unserem wirtschaftlichen Standard - der entsprechend der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung natürlich höher ist als in so manchem anderen Land - diskriminierungsfrei als Mitmensch leben zu können? Auch sozial diskriminierungsfrei leben zu können!

Eine rote Linie konkreter Forderungen!

Das Aktionsbündnis Sozialproteste (ABSP) - bei dem auch der Offene Runde Zisch Zeitz (ORTZ) Mitglied ist - hat sich Minimalziele gesetzt: Einen mindesten Hartz-IV-Eckregelsatz von 500 €/Monat plus Unterkunftskosten sowie - unlösbar damit verbunden - einen lohnsteuerfreien gesetzlichen Mindestlohn von 10 €/h sind für das ABSP gerade angesichts jüngerer Entwicklungen Minimalziele, hinter welche nicht zurückgewichen werden kann und für welche es mit allen seinen Kräften kämpfen will. Die Inflation, die horrenden Gewinne der Großunternehmen, die statistisch ausgewiesene Vermögens- und Einkommensentwicklung in der Bevölkerung während der zurückliegenden Jahre mit immer größeren Einkommen und Vermögen in den Händen von immer weniger Menschen übertreffen teilweise sogar die schlimmsten Befürchtungen vieler Kritiker dieser neoliberalen Umverteilung von unten nach oben.

In Frankfurt/Main haben am 19. Mai über 30.000 Menschen gegen die europaweite sogenannte Sparpolitik und die unveränderten Geschenke an die Reichen und Superreichen demonstriert.

Man sieht: Die Wut und Entschlossenheit wächst. Trotz der großen Hysterie in den Medien im Vorfeld, daß es schlimme Krawalle geben werde, hat eine Großdemonstration in Frankfurt/M gegen die Reichtums- und Armutspolitik, gegen die Politik der sogenannten "Troika" aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfond stattgefunden (siehe z.B. european-resistance.org).

Ein Zitat aus der jungen Welt vom 20. Mai:
"»Die revoltierenden Griechen dürfen jetzt nicht alleingelassen werden«, appellierte die griechische Aktivistin Sonia Mitralias. Die beste Form der Solidarität sei Widerstand gegen die Austeritätspolitik auch in Deutschland. ..."
Der Austeritäts-, also Sparpolitik, die besonders von Berlin aus den Bevölkerungen Europas aufgenötigt wird, stellen wir uns - auch über die Tage der Demonstrationen und Blockadeaktionen hinaus - entgegen, indem wir unseren Beitrag dazu leisten, daß die Lohnzurückhaltung in Deutschland beendet wird.

Viele MitstreiterInnen in unserem offenen Netzwerk, dem Aktionsbündnis Sozialproteste (ABSP), sind Mitglieder in Vereinen und ihren Gremien, in Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und den jeweiligen Gremien ihrer Untergliederungen. Und viele Organisationen haben schon jetzt Positionen entwickelt, die denen der Bündnisplattform 500-10sehr nahe kommen. Nichts liegt daher näher, als auf allen Ebenen, wo es jedem von uns möglich ist, in diesen Organisationen vorzuschlagen, daß die Bündnisplattform 500-10 unterzeichnet werden sollte: Eine einfache und klare Unterschrift unter diesen Aufruf treibt die demokratische Meinungsfindung in den Massenorganisationen, Vereinen und auch gerne in allen weiteren gesellschaftlichen Bereichen, auch kleine Firmen haben sich schon angeschlossen, vorwärts: Bündnisplattform 500-10 -  Alle bisherigen Unterstützer

Bei Unterschriftensammlungen auf der Straße unterschreiben die Menschen diese Bündnisplattform sehr gerne. Ihre Forderungen sind klar und zielgerichtet. Besonders die Forderung nach einem lohnsteuerfreien gesetzlichen Mindestlohn ist die richtige Antwort auf das Dilemma, in welchem sowohl Arbeitnehmer als auch Kleinselbständige stecken: Auch durch die Änderungen im Steuersystem ist in den letzten Jahrzehnten unser Wirtschaftssystem zu einem noch effektiveren Bereicherungssystem für die Reichen und Superreichen ausgebaut worden. Die Bündnisplattform 500-10 bietet durch die geforderte Lohnsteuerfreiheit des Existenzminimums der Erwerbstätigen einen ersten wirkungsvollen Schritt zur Abschaffung dieses zusätzlichen Mißstandes an. Die Unterschriften für 500-10 sind also ein wichtiger Beitrag, um die Hegemonie der ganz großen Hartz-IV-Koalition einen Schritt zurückzudrängen!


Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


Termine:

Aktuelle Termine von Demonstrationen und Aktionen des ORTZ finden sie Hier

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