Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 4 + Nr. 08 + 2. August 2012

Druckversion(Download als PDF, beidseitig bedrucktes Faltblatt.)

«   Journal für soziale und politische Themen   »
Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

8 Jahre Montagsdemo Zeitz!
am 20. August 2012 um 17:00 Uhr
auf dem Schützenplatz in Zeitz

Inhalt:

  1. Nicht logisch denken - nur zur Kenntnis nehmen?
  2. Antwort vom Petitionsausschuss des Bundestages zur Höhe der ALG II-Leistungen
  3. Die "Erfolge" des Jobcenter BLK

Nicht logisch denken - nur zur Kenntnis nehmen?

üngst ist im Burgenlandkreis eine neue Verwaltungsrichtlinie zur Feststellung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung in Kraft getreten. Dort kommt es zu sehr merkwürdigen mathematischen Konstrukten.

So steht einer vierköpfigen BG in Zeitz bei einer bis zu 85 m² großen Wohnung eine angemessene Grundmiete von max. 369,75 € zu. Bei einer fünfköpfigen BG, die Anspruch auf eine bis 95 m² große Wohnung hat, sinkt die angemessene Grundmiete plötzlich auf max. 345,80 €. Hierfür gibt das Jobcenter Burgenlandkreis auf seiner Internetseite www.jobcenter-blk.deunter der Rubrik Aktuelles - "Anfrage zur neuen Verwaltungsrichtlinie"folgende Erklärung:
"Der Wohnungsmarkttyp IV schließt ausschließlich Wohnungen in der Stadt Zeitz ein. Hier wurde im Rahmen der Datenerfassung festgestellt, dass bei einer 95 m² großen Wohnung der Preis pro m² Wohnfläche geringer angesetzt ist als bei einer 85 m² großen Wohnung. Bei der Untersuchung zur Erarbeitung einer neuen Verwaltungsrichtlinie zur Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II wurden unter anderem Angebotsmieten, Neumieten und Bestandsmieten zugrunde gelegt. ...

In der Vergangenheit wurde von den Gerichten immer wieder bemängelt (Anm.: Die "magischen Drei" Harri Reiche, Berndt Lampe und Ralf Michel haben in der Vergangenheit immer wieder behauptet, dass die Verwaltungsrichtlinie den Gesetzen entspricht), dass der Burgenlandkreis über kein schlüssiges Konzept zur Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung verfügt."(!!!)

"Die neue ... in Kraft gesetzte Verwaltungsrichtlinie soll sicherstellen, dass bei der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des SGB II und SGB XII unter Beachtung von Rechtsprechungen ... eine möglichst einheitliche Rechtsanwendung durch die Verwaltung erfolgen und Ermessen gleichmäßig ausgeübt werden soll."
Entschuldigung! Haben Sie nun verstanden, daß ein Ehepaar mit zwei Kindern max. 369,75 € Grundmiete haben darf, warum aber die Grundmiete auf max. 345,80 € herabgesetzt wird, wenn ein drittes Kind geboren wird? Das wird sich wohl nur erschließen, wenn man Reiche, Lampe oder Michel heißt!

Antwort vom Petitionsausschuss des Bundestages zur Höhe der ALG II-Leistungen

"Der Deutsche Bundestag hat Ihre Petition beraten und am 28.06.2012 beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Er folgt damit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (BT-Drucksache 17/10143), dessen Begründung beigefügt ist.

Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages ist das Petitionsverfahren beendet.

Begründung (Auszüge)

Mit der Petition wird die Erhöhung des Arbeitslosengeld II-Regelsatzes gefordert. [...]

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde durch 855 Mitzeichnungen unterstützt. Außerdem gingen 313 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat zu der Eingabe mehrere Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt. [...] In seiner parlamentarischen Prüfung kommt der Petitionsausschuss zu folgendem Ergebnis:

Das Arbeitslosengeld II setzt sich aus der Regelleistung nach § 20 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie den angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten (§ 22 SGB II) zusammen. Darüber hinaus werden Mehrbedarfe in besonderen Einzelfällen gewährt, z.B. für Personen, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen (§ 21 SGB II), oder für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft für Kinder und Jugendliche (§ 28 SGB II). Die monatliche Regelleistung, die bei Erfüllung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Geldleistung gewährt wird, umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallende Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. [...] Das Arbeitslosengeld II sichert damit die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. [...] Höhere Leistungen als für die Sicherung des Existenzminimums notwendig zu gewähren, wäre mit den Grundsätzen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems nicht vereinbar.

Bemessungsgrundlage für die Regelleistung nach dem SGB II bildet der Eckregelsatz, welcher im System der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vom Statistischen Bundesamt in regelmäßigen Abständen von fünf Jahren ermittelt wird. Dabei werden statistisch erfasste Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen - d. s. die unteren 20 Prozent der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte - herangezogen. [...] Damit wird sichergestellt, dass die Leistungen nach den tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten im unteren Einkommensbereich bemessen werden und so dem Prinzip der Bedarfsdeckung entsprechen.

Die Regelleistung ist nicht verfassungswidrig zu niedrig. [...] Nach Auffassung des BVerfG ist die EVS eine geeignete Ermittlungsgrundlage für die realitätsgerechte Bemessung der zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen. Die EVS bildet insofern in statistisch zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab. [...] Die pauschale Gewährung von Leistungen in Form der Geldleistung soll den Hilfebedürftigen grundsätzlich in den Stand setzen, eigenverantwortlich und wirtschaftlich zu handeln. [...]"
Anmerkung: Je weniger Geld zur Verfügung steht, desto geringer der Verbrauch, desto niedriger das ALG II.

"Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 entschieden, dass neben den durchschnittlichen Bedarfen, die mit der Regelleistung abgedeckt sind, auch unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige besondere Bedarfe, die in atypischen Lebenslagen anfallen, zu decken sind. Bereits das BVerfG geht davon aus, dass dieser zusätzliche Anspruch - etwa bei den Gesundheitskosten - angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen kann. Für diese vom Gericht geforderte Härtefallregelung wurde mit dem Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Änderung weiterer Gesetze die Rechtsgrundlage geschaffen (§ 21 Abs. 6 SGB II). [...]

Dieser Vorgabe ist der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nachgekommen. Das Verfahren für die Ermittlung der existenznotwendigen Aufwendungen wurde auf der Grundlage verlässlicher Zahlen transparent, sach- und realitätsgerecht sowie nachvollziehbar und schlüssig ausgestaltet. Die Neuregelung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2011. Danach gilt zukünftig für alleinstehende Erwachsene und Alleinerziehende ein um 5 Euro erhöhter Regelbedarf von 364 Euro. Haben zwei Partner in einer Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt der Regelbedarf 328 Euro. Der Regelbedarf für sonstige volljährige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 291 Euro. Durch einen einmaligen Inflationsausgleich zur Abfederung der Veränderung der Anpassungszeiträume ergibt sich zum 1. Januar 2012 unabhängig von der ohnehin vorzunehmenden Regelfortschreibung eine weitere Erhöhung des Regelbedarfs für alleinstehende Erwachsene und Alleinerziehende um 3 Euro. Ab dem 1. Januar 2012 folgt die jährliche Anpassung der Regelsätze einer neuen Mechanik. Grundlage ist ein Mischindex, basierend auf der jährlichen Preis- und Lohnentwicklung im Verhältnis 70 Prozent zu 30 Prozent. Ab 2014 soll dieser Index durch die so genannte "laufenden Wirtschaftsrechnung" (kurz LWR) als Berechnungsgrundlage für die Regelsätze im SGB II abgelöst werden."

Anmerkung: "Die Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR) der privaten Haushalte sind eine kontinuierliche Erhebung der amtlichen Statistik. 8000 private Haushalte nehmen jährlich an der Erhebung teil. Sie machen jeweils drei Monate lang detaillierte Angaben zu ihren Einnahmen, Ausgaben, Vermögensbildung, Wohnverhältnissen und Ausstattung mit Gebrauchsgütern sowie zu soziodemografischen und sozioökonomischen Merkmalen." Aha, sinkt der Lebensstandard, sinkt dann gleichzeitig auch ALG II dynamisch im Jahreslauf!!!

"Der Petitionsausschuss hält die nunmehr geltende Rechtslage für sachgerecht und stellt fest, dass das Anliegen der Petition in Teilen der neuen Rechtslage entspricht. [...]

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen der Petition teilweise entsprochen worden ist."
Anmerkung: Teilweise???

"Der von den Fraktionen der SPD und DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung - dem BMAS - zur Erwägung zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit mehr Transparenz bei der Ermittlung der Regelsätze für das Arbeitslosengeld II gefordert wird, und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist mehrheitlich abgelehnt worden."
Anmerkung: Warum wurde damit aber nicht bis zur nochmaligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gewartet?

Die "Erfolge" des Jobcenter BLK

In einem Artikel der MZ vom 27.06.2012 erklärte der Geschäftsführer des Jobcenters Berndt Lampe, bei wesentlichen Fakten habe sich gegenüber dem Vorjahr bislang nichts verändert: Noch immer gebe es rund 14.200 Bedarfsgemeinschaften. Auch die Zahl der Aufstocker sei mit 6.000 gleich geblieben. Aufstocker sind jene Menschen, die zwar einen Job haben, dessen Entgelt aber nicht einmal an die Leistungen aus dem Arbeitslosengeld II heranreicht. "Eine vierköpfige Familie bekommt zum Beispiel vom Jobcenter 1.500 bis 1.800 € plus etwa 200 € an Sozialleistungen" [...] Das heißt, es müsste etwa ein Verdienst von 2.000 € herauskommen, um keinen Leistungsbezug mehr beanspruchen zu müssen. Um das zu realisieren, fehle es an den entsprechenden Arbeitsplätzen, so Lampe. Was bei der Vermittlung von Einzelpersonen noch gelinge, erweise sich als sehr viel schwieriger, sobald Kinder im Spiel seien. "Wir haben seit Jahresbeginn mit einem 15-köpfigen Team 2.600 Betriebskontakte hergestellt", sagte der Geschäftsführer. [...] Lampe stellte als großes Problem fest, dass die vom Jobcenter betreuten Arbeitslosen in vielen Fällen nicht das von den Unternehmen geforderte Leistungsprofil erfüllen. [...]

Kommentar: Lampe suggeriert mit seiner Aussage, die ALG-Leistungen seien zu hoch, um Anreize zur Annahme vorhandener Arbeitsplätze zu schaffen. Der ORTZ meint dagegen, daß gegebenenfalls angebotene Arbeitsplätze zu gering, nämlich nicht leistungsgerecht und unter dem Existenzminimum bezahlt werden. Man beachte nur einmal den Lohnanteil im Endpreis. Das bekräftigt unsere Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, siehe hier: www.mindestlohn-10-euro.de



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


Termine:

Aktuelle Termine von Demonstrationen und Aktionen des ORTZ finden sie Hier

Zurück zu Jahrgang 4



Copyright by ORTZ

Startseite