Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 5 + Nr. 02 + 1. Februar 2013

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Wichtige Entscheidung des Bundessozialgerichts
  2. Jobcenter Leipzig muß Durchwahlnummern der Sachbearbeiter zugänglich machen
  3. Hartz IV Bezieher wurden bei Tombola verlost
  4. Bundesweit rund 90 Beratungsstellen von der Linkspartei
  5. Drohen steigende Wasserpreise infolge geplanter Privatisierung der Wasserversorgung?
  6. Warum ist die Wasserversorgung für private Geschäftemacher so interessant?

Wichtige Entscheidung des Bundessozialgerichts

In einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.08.2012 (B 4 AS 32/12 R) stellten die Richter klar, daß die Jobcenter nach einer Wohnungsmodernisierung die erhöhten Mietkosten übernehmen müssen. Dies gelte selbst dann, wenn der Hartz-IV-Empfänger die Modernisierung gewünscht hat.

Nach dem systematischen Zusammenhang des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II (alte Fassung) ist nur bei einer Mieterhöhung durch Umzug eine Vorabklärung durch den Leistungsberechtigten und entsprechende Zusicherungsverpflichtung des Jobcenters gesetzlich vorgesehen.

Insofern kann auch die weitreichende Konsequenz des hier analog herangezogenen § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II mit einer Kostenbegrenzung auf die bisherigen Unterkunftskosten ohne jeglichen (befristeten) Bestandsschutz nur bei einem nicht genehmigten Umzug mit erhöhten Mietkosten greifen, nicht jedoch bei erhöhten Unterkunftskosten infolge einer Modernisierung.

Jobcenter Leipzig muß Durchwahl-nummern der Sachbearbeiter zugänglich machen

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat mit Urteil vom 10.01.2013 - 5 K 981/11 entschieden, daß Jobcenter bei Anträgen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes auch interne Telefonlisten und Durchwahlnummern herausgeben müssen. Der Vorbehalt des beklagten Jobcenters, die Servicenummern seien mit der internen Organisation der Behörde begründet, ließ das Gericht nicht gelten. Die interne Organisation setze die Rechte des Bürgers nach dem IFG nicht außer Kraft.

Das Informationsfreiheitsgesetz ist für alle Jobcenter anwendbar, die in gemeinsamer Führung (BA und Kommune) verwaltet werden (§ 50 Abs. 4 S. 2 SGB II). Für Jobcenter in Optionskommunen gelten, wenn vorhanden, die Landesinformationsfreiheitsgesetze. In Ländern, in denen es kein Landes-IFG gibt, können unter Umständen stattdessen örtliche Informationsfreiheitssatzungen Rechtsgrundlagen bieten für die Herausgabe solcher Mitarbeiterlisten. Insbesondere in Bayern, wo es u. a. kein Landes-IFG gibt, existiert eine Reihe von kommunalen Informationsfreiheitsatzungen, genauso wie seit Ende 2012 in Frankfurt (M) eine Informationsfreiheitssatzung gilt.

Ziel ist es, die Informationsfreiheit praktisch umzusetzen, einen zentralen Infopunkt aufzubauen, wo für jeden ersichtlich die Telefonlisten von Jobcentern erhältlich sind und von jedem eingesehen werden können. Ziel der Sache ist den Jobcentern dauerhaft die gesetzlich vorgeschriebene Transparenz (§ 11 Abs. 3 IFG) aufzuzwängen und sie zur dauerhaften eigenen Veröffentlichung zu veranlassen.

Informationsquelle und bereits veröffentlichte bundesweite Mitarbeitertelefonlisten der Jobcenter: http://www.harald-thome.de/jobcenter-telefonlisten.html

Hartz IV Bezieher wurden bei Tombola verlost

Einen besonderen menschenverachtenden Unfug stellte nun das Jobcenter des rheinland-pfälzischen Ortes Bendorf im Rahmen der 50plus-Kampagne an. In Zusammenarbeit mit dem ansässigen Bildungsträger DG Mittelrhein wurde auf dem Weihnachtsmarkt eine Tombola veranstaltet. Bei dieser Verlosung wurden erwerbslose Menschen an Firmen in der Region wie auf einem Sklavenmarkt "verlost". Die Unternehmen gewannen zum Beispiel Fensterreinigungen, Fußböden-Schrubben, Lager aufräumen, Fuhrpark reinigen oder die Gestaltung einer Firmen-Internetseite. Diese "Gewinne" wurden dann durch Teilnehmer der 50plus-Kampagne durchgeführt. Und weil das an Menschenverachtung noch nicht reichte, "durften" einige Erwerbslose die Ziehung der Lose zusätzlich mit einer weihnachtlichen Aufführung untermalen und sich im wahrsten Sinne des Wortes "zum Affen machen".

Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB sieht in der Aktion richtigerweise eine "menschenverachtende und entwürdigende Aktion".

So erklärte der DGB-Landesvorsitzende des DGB´s Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid "Was hier als moderne Arbeitsvermittlung verkauft wird, stellt eine Verrohung der Sitten dar. Ein Jobcenter ist keine Lottobude und ein Weihnachtsmarkt kein Sklavenmarkt."

Übernommen von: http://www.gegen-hartz.de

Bundesweit rund 90 Beratungsstellen von der Linkspartei

Wenn in der öffentlichen Debatte über die Partei Die Linke in Zusammenhang mit Hartz IV gesprochen wird, ist nie etwas über die tatsächlichen Beratungsangebote für Betroffene zu lesen. Dabei existieren deutschlandweit weit über 90 Beratungsstellen der Linkspartei, die Hartz-IV-Beziehern, prekär Beschäftigten, Eltern, chronisch Kranken oder Rentnern mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Zumeist findet die Beratung in den Abgeordnetenbüros statt. Die Helfer arbeiten dabei mit Vereinen, Selbsthilfegruppen und Rechtsanwälten zusammen. Bundesweit bieten etwa 90 Kreisverbände verschiedene kostenlose Angebote: Sozial- bzw./und Hartz-IV-Sprechstunden, Angebote zu Asylberatung, Mieten- und Familienhilfe. Eine Übersicht aller Beratungsangebote findet sich hier: http://www.die-linke.de/nc/politik/aktionen/dielinkehilft/

Drohen steigende Wasserpreise infolge geplanter Privatisierung der Wasserversorgung?

Wasser ist das wichtigste Lebensmittel - Wasser ist Leben: Nun stellen Sie sich einmal vor, Sie könnten das Wasser zu Hause aus Ihrem Wasserhahn nicht mehr trinken, weil es zu schmutzig ist.

Der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung ist in viel mehr Ländern ein Problem, als man glauben möchte. Auch in Europa sind davon zwei Millionen Menschen betroffen, weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen.

In Deutschland sind die Kommunen für die Wasserversorgung zuständig. Die öffentlichen Wasserwerke der Städte und Gemeinden liefern noch etwa 80 Prozent des Trinkwassers. Und zwar oft in hervorragender Qualität zu relativ günstigen Preisen. Besonders vorbildlich ist die Trinkwassergewinnung der Stadt München. Im Einzugsbereich der Wassergewinnung wird der ökologische Landbau gefördert und ein Wasserschutzwald bewirtschaftet.

Doch das könnte sich bald ändern. Die EU-Kommission will den Markt für die Privatisierung der Wasserrechte öffnen und öffentliche Aufgaben wie die Wasserversorgung für den Wettbewerb freigeben. Die europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" will die Liberalisierung des Wassermarktes verhindern. Und das ist dringend notwendig!

Schon heute besitzt etwa in Deutschland RWE 20 Prozent an der kommunalen Wasserversorgung in Köln. Denn Wasser wird mehr und mehr zum gewinnbringenden Spekulationsobjekt und Wasser-Preis und -Qualität werden zunehmend von multinationalen Konzernen bestimmt. Die Folgen für die Verbraucher sind immer dieselben: sinkende Wasserqualität, steigende Kosten.

Vor allem krisengebeutelte EU-Länder wie Portugal und Griechenland werden von Brüssel zum Verkauf ihrer Wasserversorgung gedrängt. In Portugal demonstrieren die Bürgerinnen und Bürger bereits gegen die horrenden Wasserrechnungen, die sie nun bezahlen müssen.

Allen Menschen steht die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und eine sanitäre Grundversorgung zu. Die europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht", initiiert von Gewerkschaften und Umweltverbänden aus verschiedenen europäischen Ländern, hat deshalb eine Petition gegen die Privatisierung der Wasserwirtschaft gestartet.

Bis zum 1. September 2013 müssen eine Million Unterschriften zusammen kommen, damit die EU-Kommission gezwungen ist, sich mit dem Anliegen der Bürgerinitiative zu befassen.

Die Ziele der Petition sind:
  1. Wasser und sanitäre Grundversorgung als Garantie für alle Menschen in Europa
  2. Keine Liberalisierung der Wasserwirtschaft
  3. Verbesserung des Zugangs zu Wasser und sanitärer Grundversorgung weltweit
Unterstützen Sie die Online-Petition der Europäischen Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" mit Ihrer Online-Unterschrift!

Unterschreiben dürfen alle wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen der Europäischen Union, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

ALLE Infos: http://www.right2water.eu

Übernommen von: http://www.oekonews.at

Warum ist die Wasserversorgung für private Geschäftemacher so interessant?

Vor 150 Jahren sagte Karl Marx voraus, daß der Kapitalismus in lebenswichtige Bereiche der Gesellschaft eindringen wird. Bereiche, welche damals traditionell in öffentlicher Hand lagen oder als neu entstandene Bereiche sofort in diese gelegt wurden. Profit wurde damals nahezu ausschließlich aus Warenproduktion und Waren- oder Geldhandel gewonnen. Die genannte Prognose war also eine Marxsche Entwicklungs-Voraussage. Wie die entstand? Durch die immer weiter ansteigende Technisierung, heute als Automatisierung betrieben, ist tendenziell mit Produktion, aber auch mit Handel, immer weniger Profit zu erzielen - die Profitrate sinkt, gemessen an Kapitaleinsatz und Umsatz. Der kapitalistische Profittrieb erzwingt daher das Eindringen mächtiger Konzerne, kleine Firmen können das nicht leisten, in lebenswichtige Gemeingutsbereiche - in Nahrungswirtschaft, Energiewirtschaft, Wasserwirtschaft, öffentliches Verkehrswesen usw. - mit verheerenden Folgen für das Gemeinwohl.

Und warum sinken die Profitraten infolge der Automatisierung? Nun: Eine Maschine kostet Geld beim Kauf, dazu kommt Wartung, Energie, Ersatzteile usw., doch billiger geht es nicht! Das ist die dennoch insgesamt kostengünstigste Wirtschafts-Variante. Aber: Da kann man nichts einsparen, diese Kosten sind unveränderliche Realkosten. Aber beim Arbeiter, Meister oder Ingenieur kann man sagen: "Wenn du nicht für weniger Geld arbeitest, dann fliegst du raus und wir nehmen einen anderen, der billiger ist". Das ist der Grund für steigende Ausbeutung, denn Profit kann man, wie soeben erläutert und begründet, nur aus arbeitenden und/oder konsumierenden Menschen erwirtschaften. Es werden aber immer weniger Menschen bei Fertigung, Entwicklung und Vertrieb benötigt, selbst im Bankensektor. Also weniger Arbeitende - weniger Profit, weniger Kaufkraft - weniger Profit. Deshalb steigt die Ausbeutung und deshalb dringen die jetzt in die lebenswichtigen Bereiche ein - wie von Marx und Engels prognostiziert. Und dann sollen diese Marxschen Prognosen und die zugrundeliegenden Erkenntnisse - wie uns weisgemacht werden soll - falsch sein?

All das wurde zutreffend vorhergesagt - wir erleben es ja täglich - und es ist die Frage, wie lange das noch so anhalten wird.



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


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