Montagsdemo Zeitz - Offener Runder Tisch Zeitz

Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein. (Karl Marx)

Jahrgang 5 + Nr. 03 + 1. März 2013

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Herausgegeben von "Offener Runder Tisch Zeitz"

Inhalt:

  1. Zum Internationalen Frauentag 2013 - Die Initiatorin des Frauentags
  2. Jobcenter schützen Denunzianten
  3. Anwerbung für Kriegsspiele - Bundeswehr weitet Einfluß auf Schulen aus
  4. Erwerbslose starten Kampagne gegen Sanktionspraxis der Jobcenter
  5. Skandalöse Ausstellung in Zeitz ehrt Wegbereiter des Naziregimes

Zum Internationalen Frauentag 2013

Die Initiatorin des Frauentags

Immer, wenn ich den kleinen brandenburgischen Ort Bergfelde passiere, freue ich mich, daß es dort eine Straße gibt, die den Namen Clara Zetkin trägt. Im Straßenbild zwischen Ostsee und Erzgebirge ist dieser Name seit den massenhaften Umbenennungen nach 1989 nicht mehr selbstverständlich.

Doch halt: Da ist dieser 8. März, dieser »Internationale Frauentag«, der heute selbst im Jahreskalender des Verlages Aenne Burda in Großbuchstaben verzeichnet ist. Daß er aber von der Sozialdemokratin Clara Zetkin 1910 ins Leben gerufen wurde, verschweigen unsere Medien beharrlich. Schließlich gehörte Clara Zetkin seit 1919 zur KPD.

An dieser Stelle deshalb eine kleine Erinnerung. Damals, 1910, fand in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen die zweite internationale Konferenz sozialistischer Frauen statt. Delegierte aus 17 Ländern beschlossen auf dieser Zusammenkunft, in allen Ländern jedes Jahr einen »Frauentag« (nicht etwa »Muttertag«) zu veranstalten, »der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient. Die Forderung muß in ihrem Zusammenhang mit der ganzen Frauenfrage der sozialistischen Auffassung gemäß beleuchtet werden. Der Frauentag muß einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten.« Der Antrag war unterschrieben von Clara Zetkin, Käthe Duncker und Genossinnen.

Wird Clara Zetkin am 20. Juni 2013, ihrem 80. Todestag, offiziell gewürdigt werden? Möglich wäre das beispielsweise in Birkenwerder bei Berlin, wo ein kleiner Verein sich bemüht, die im Zug der »friedlichen Revolution« abgewickelte Clara-Zetkin-Gedenkstätte in bescheidenem Rahmen weiterbestehen zu lassen.

Quelle: Ossietzky Zweiwochenschrift


Jobcenter schützen Denunzianten

Die Jobcenter sollen anonyme Anzeigen gegen Hartz-IV-Bezieher/innen vor den Betroffenen geheim halten. In der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Co-Bundesvorsitzenden der Linken, Katja Kipping, gibt die Bundesregierung zu, anonyme Anzeigen gegen Hartz-IV-Beziehende in deren Akten aufzunehmen, ihnen aber nicht zur Kenntnis zu geben. Vor einer möglichen Akteneinsicht durch die Betroffenen sollen anonyme Anzeigen aus der Akte entfernt werden. Nur wenn es sich bei den Anzeigen nachweislich um Falschaussagen handelt, könnten die Betroffenen die Namen der Informanten in Erfahrung bringen, um juristisch gegen sie vorzugehen. Das können die Betroffenen aber nicht, wenn sie gar nicht wissen, daß gegen sie Anzeigen vorliegen.

"Anonyme Anzeigen gegen die Betroffenen in den Leistungsakten der Jobcenter sind ein Skandal. Erst recht, wenn sie dem Angezeigten nicht mal zur Kenntnis gegeben werden, weil sie bei Akteneinsicht vorher entfernt werden. Die Anzeigen beeinflussen den Fallmanager und der Betroffene weiß von nichts", empört sich Kipping.

Quelle: http://www.gegen-hartz.de/


Anwerbung für Kriegsspiele

Bundeswehr weitet Einfluß auf Schulen aus

Schulen werden von der Bundeswehr zunehmend dafür mißbraucht, unter Schülern Reklame für den Kriegsdienst zu machen", kritisiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Nach aktuellen Zahlen, die die Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten mitteilte, sind im Jahr 2012 mehr Schülerinnen und Schüler als im Vorjahr von Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern erreicht worden.

"Trotz rückläufiger Schülerzahlen haben Jugendoffiziere der Bundeswehr 144.000 Schüler in den Klassenzimmern erreicht, das sind rund 10.000 mehr als im Vorjahr. Zudem setzen die Jugendoffiziere darauf, das Lehrpersonal und andere Multiplikatoren zu agitieren: Die Zahl der Vorträge und Seminare für diesen Personenkreis ist mit über 30.000 um 8000 und damit ein Drittel höher als 2011.

Sogenannte Karriereberater, die den Jugendlichen die Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber schildern sollen, haben in den Klassenzimmern weitere 190.000 Schüler erreicht.

Die blutige Seite des Kriegsdienstes wird von den Werbern der Bundeswehr stets ausgeblendet.

Den Unterricht als Instrument zu mißbrauchen, die Kriegspolitik der Bundesregierung zu rechtfertigen, ist genauso perfide wie das Unterfangen, Schulen zu Rekrutierungsanstalten des Militärs zu machen. DIE LINKE fordert den sofortigen Rückzug aller Werber der Bundeswehr aus Schulen und Universitäten."

Quelle: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Pressestelle


Erwerbslose starten Kampagne gegen Sanktionspraxis der Jobcenter

Im zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, landläufig bekannt als Hartz IV, ist geregelt, daß gegen Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II Sanktionen verhängt werden können. Stufenweise kann der Bezug bis auf 0 Euro herunter gekürzt werden - bei Betroffenen unter 25 Jahren sogar direkt mit der ersten Sanktion!

Im letzten Jahr wurden im Bundesgebiet rund 1 Mio. Sanktionen ausgesprochen, davon etwa 70 % wegen einfacher Meldeversäumnisse - nach Meinung des Stuttgarter Erwerbslosenausschusses von ver.di ein unerträglicher Zustand.

Der Erwerbslosenausschuß ruft deshalb für 2013 zu einer Kampagne für die Abschaffung der Sanktionsparagraphen auf.

Die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung waren sich einig, daß man die schlimme Situation nicht weiter widerstandslos hinnehmen kann und daß es gilt, zu gemeinsamen Aktionen zu kommen.

Vielfältige Ideen zielen darauf ab, das Thema Sanktionen noch stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

Die Planung sieht für 2013 u.a. vor, vor den Stuttgarter Jobcentern zu informieren und Unterschriften gegen die Sanktionspraxis zu sammeln. Außerdem sollen die in Stuttgart erteilten Sanktionsbescheide gesammelt, dokumentiert und ausgewertet werden.

Quelle: http://www.trueten.de/


Skandalöse Ausstellung in Zeitz ehrt Wegbereiter des Naziregimes

In den vergangenen Wochen wurde in der Zeitzer Gewandhausgalerie eine Ausstellung veranstaltet über die ehemalige Zeitzer Verlegerfamilie Jubelt - insbesondere über den Verlagsgründer Reinhold Jubelt und dessen Sohn Arthur Jubelt. Veranstalter und Schöpfer dieser hoch umstrittenen Ausstellung war ein gewisser Hans-Joachim Richter, augenscheinlich ein großer Verehrer der Jubelts. In der lokalen Presse wurde die Schau infolge intensiver Bemühungen Richters recht ausführlich behandelt, entgegen seinen Darstellungen aber auch in distanzierter bis konträrer Sicht, vornehmlich in Leserbriefen. Richters unkritische Würdigung der Jubelts unterschlug entscheidende Details. Wesentliche Verlagsprodukte können nicht anders denn als nationalistisch, chauvinistisch und erzreaktionär bezeichnet werden, als Wegbereiter und Stütze des Naziregimes. Auf Vorsatz, mangelndes Urteilsvermögen oder Irrtum der Verleger kommt es dabei nicht an. Schließlich gab es klarsichtige Mahner und Warner. Und Verleger haben als mit ihren Produkten auf die öffentliche Meinung einwirkende Unternehmer besondere Verantwortung!

Der ORTZ hat sich entschlossen, folgenden Leserbrief über die Ausstellung zu veröffentlichen:
Der emsige Ausstellungsgestalter erfuhr für seine Arbeit keineswegs nur Zuspruch. Die Schau widmete sich vorrangig Arthur Jubelt, welcher 1927 in den Jubelt-Verlag eintrat und ab 1934 nach dem Tod seines Vaters diesen leitete - beides ohne merkliche Änderung des Verlagsprogramms. Gewiß beschäftigte dieser Verlag einige Familienangehörige Naziverfolgter, wahrscheinlich sogar unter Verantwortung besagten Arthur Jubelts. Das brauchte Courage und verdient Achtung. Doch A. J. mühte sich auch sehr intensiv um die unter Hitler erfolgte Einrichtung einer Garnison in Zeitz! Dieser Verlag gab die "Zeitzer Neuesten Nachrichten" (ZNN) heraus, verlegte als SIS-Verlag Bücher, u. a. mindestens ab dem Jahr 1920 und mit Folgeauflagen Gerstenbauers "Rassenlehre und Rassenpflege" sowie mindestens ab 1918 in vielfacher Auflage Wilsers "Das Hakenkreuz nach Ursprung, Herkommen und Bedeutung" und ähnliche Werke. Oder: Am 06.05.1929 z. B. berichteten die ZNN über den Vortrag "Christenkreuz und Hakenkreuz" (Juden war der Zutritt verboten!) u. a.: "... Der Gegensatz des Heilands zu seinen jüdischen Volksgenossen veranlaßte den Redner zu ausführlichen antisemitischen Betrachtungen rassenkundlicher, geschichtlicher und politischer Art. ... Luther, Bodelschwingh, Fichte, ..., sie alle hätten Christenkreuz und Hakenkreuz, Christentum und Judenfeindschaft vereinigt." Bekennen Nazi-Gegner so? Oder eher Nazi-Anhänger und -Wegbereiter? Über solche Fragen wie über die zugrundeliegenden Tatsachen schwieg die Ausstellung gründlich. Stringente Einwände bleiben. Schrieben auch Tucholsky, die Mann-Brüder, Stefan oder Arnold Zweig solches Zeug? Die wurden allerdings nicht bei SIS verlegt, stattdessen völkische Autoren. In einflußreichen Kreisen nicht unüblich: Man mußte nicht in ihr Mitglied sein, um der NSDAP zu helfen.

Peter Moser

Anmerkung des ORTZ:

Wir haben die Existenz der im Leserbrief genannten Werke überprüft und können bestätigen, daß sie der Zeitzer Verlag der Jubelts verlegte. In der Ausstellung war freilich von diesen Tatsachen keine Rede. Was ist von selektiven Darstellungen zu halten? Welche Distanz zu Nazis hatte ein Verlag, welcher sowohl lange Zeit vor wie während der Nazi-Zeit u. a. Hakenkreuz-Briefbogen und -Postkarten produzierte? Die Stadtverwaltung möchte nach eigener Darstellung Zeitz attraktiv machen - u. a. auch für Besucher. Auf welche Besucher ist welche Wirkung erwünscht mit einer solchen Ausstellung in öffentlichen städtischen Räumen?



Der Offene Runde Tisch Zeitz, ORTZ


Termine:

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